Der „Internationalen Tags der Muttersprache“ beschäftigt Politik, und zivilgesellschaftliche Organisationen. Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD) fordert Mehrsprachigkeit als eine Chance zu verstehen. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş warnt vor einem Verschwinden der türkischen Sprache und die baden-württembergische Integrationsministerin spricht von vergebenen Chancen.
Mehrsprachigkeit müsse als eine Chance verstanden werden. Dies fordert die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD) – selbst türkischer Abstammung und bekennende Muslimin – anlässlich des „Internationalen Tags der Muttersprache“ am heutigen Freitag.
Wer mehrere Sprachen gut beherrsche, sei heutzutage klar im Vorteil. Leider werde das große Potenzial der Mehrsprachigkeit noch nicht von allen in der Gesellschaft erkannt. „Deshalb werbe ich dafür, die in vielen Zuwandererfamilien vorhandene Mehrsprachigkeit wertzuschätzen und von Anfang an zu unterstützen“, betonte Özoğuz.
Sie sprach sich auch dafür aus, dass an Kitas und Schulen die Muttersprache der Kinder deutlich mehr Anerkennung finde. „Erzieherinnen, Erzieher und Lehrkräfte müssen in ihrer Ausbildung intensiver auf die Sprachvielfalt der Kinder vorbereitet werden“, sagte Özoğuz. Denn immer mehr Kinder würden heute mit mehr als einer Sprache aufwachsen. Kinder aus Zuwandererfamilien sollten dazu ermutigt werden, neben Deutsch auch ihre Muttersprache umfassend zu erlernen und anzuwenden, erklärte die Staatsministerin.
Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) beklagt in diesem Zusammenhang einen zunehmenden Schwund der türkischen Sprache aus dem Alltag. Der stellvertretende IGMG-Vorsitzende Mustafa Yeneroğlu erklärte anlässlich des „Internationalen Tags der Muttersprache“, dass man als Religionsgemeinschaft Wert auf sprachliche Vielfalt lege. Moscheegemeinden förderten diese Vielfalt mit islamischem Religionsunterricht und Literatur in der jeweiligen Landessprache.
Wichtig sei aber auch der Erhalt und die Pflege der Muttersprache. Türkisch dürfe nicht aus dem Alltag der Menschen verschwinden, sondern müsse als „starker Mittler von Kultur und Bildung“ zur Verfügung stehen. Yeneroğlu erklärte, es müsse ein gemeinsames Anliegen sein, sowohl die Muttersprache als auch die Landessprache gleichermaßen zu fördern. Muttersprache sei mehr als nur ein Kommunikationsmittel. Sie sei auch ein wesentlicher Teil der persönlichen Identität und Kultur.
„Leider kommt der bereichernde Aspekt hierbei in der öffentlichen Wahrnehmung oft zu kurz und wird von manchen Kreisen sogar als Integrationshindernis angesehen“, sagte Yeneroğlu. Dieses Verständnis verkenne jedoch nicht nur die gesellschaftliche Realität, in der rund 3 Millionen Türkeistämmige lebten, sondern auch die Bedeutung von Sprache für das Bildungs-, und Kulturbewusstsein. Gefordert seien aber auch die Länder. Türkischunterricht an Schulen müsse mit mehr Engagement angeboten werden.
Die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) erklärte entsprechend zum Internationalen Tag der Muttersprache: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, Sprachen gegeneinander auszuspielen. Unser Umgang mit Zweisprachigkeit hängt immer noch zu stark vom Prestige der Sprache und der Sprechergruppe ab. Dadurch vergeben wir Chancen.“
Jede Sprache, die gesprochen und beherrscht werde, sei ein Gewinn für den Einzelnen, aber auch für die kulturelle Vielfalt im Land. In einer globalisierten Welt sei bei vielen Menschen Mehrsprachigkeit mittlerweile die Regel und nicht mehr die Ausnahme. Mittlerweile gebe es auch Dienstleister, die die Mehrsprachigkeit ihrer Angestellten im Wettbewerb mit anderen Anbietern offensiv nutzten.
Öney erinnerte auch an den kürzlich verstorbenen Freiheitskämpfer Nelson Mandela, der mit dem Satz zitiert wird: „Spricht man mit jemandem in einer Sprache, die er versteht, erfasst er das Gesagte mit seinem Verstand. Spricht man mit ihm in seiner Muttersprache, geht es ihm ins Herz.”