Die Bundesregierung plant trotz Risiken für potenzielle Opfer rechter Gewalt keine grundsätzliche Reform des Meldegesetzes.
Die Bundesregierung plant trotz Risiken für potenzielle Opfer rechter Gewalt keine grundsätzliche Reform des Meldegesetzes. Wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, liegen der Bundesregierung nach eigenen Angaben „keine Erkenntnisse vor, dass rechtsextreme Gruppierungen personenbezogene Daten über Melderegisterauskünfte bezogen haben“. Die Innenpolitikerin Ulla Jelpke (Linke) warf der Regierung am Mittwoch vor, sie verharmlose die Gefahren, die durch den Missbrauch der Auskunft durch Neonazis „und andere rechte Feinde der Demokratie“ entstünden. Sie sagte: „Offenbar stehen wirtschaftliche Interessen am freien Zugang zu Daten im Vordergrund.“
Bereits beschlossen ist dagegen eine Auskunftssperre für Opfer von Menschenhandel, Zwangsverheiratung und häuslicher Gewalt. Nach Angaben der Bundesregierung soll für Menschen, die in Frauenhäusern und anderen Schutzeinrichtungen leben, künftig von Amts wegen eine Auskunftssperre im Melderegister eingetragen werden. Das sei bereits im November 2019 beschlossen worden. Die Bundesregierung besteht aber weiter darauf, dass auch bei Menschen, die in solchen Einrichtungen leben, die Wohnadresse im Personalausweis eingetragen wird. Sie erklärte, Betroffenen stehe es schließlich frei, alternativ den Reisepass als Identitätsdokument zu verwenden. Im Pass ist nur der Wohnort eingetragen, nicht die Adresse.
Nach geltendem Recht kann jeder Bürger gegen eine Gebühr aus dem Melderegister die Adresse zu einer Person, die ihm namentlich bekannt ist, erhalten. Wer eine Auskunftssperre eintragen lassen will, muss triftige Gründe anführen. Die Hürden dafür sind relativ hoch.
Als Teil eines Maßnahmepakets zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität plant die Bundesregierung gesetzliche Änderungen im Melderecht. Die Details stehen aber noch nicht fest.
Mit einem neuen Online-Meldestelle zu rassistischen und rechtsextremistischen Vorfälle startet die Beratungsstelle response in das neue Jahr. Betroffene und Zeugen können sich ab sofort bei der neuen landesweiten Meldestelle „Hessen schaut hin“ melden. „Nur ein Bruchteil dieser Vorfälle wird öffentlich bekannt oder fließt in die polizeiliche Kriminalstatistik ein“, sagte Oliva Sarma, Leiterin der in der Bildungsstätte Anne Frank angesiedelten Beratungsstelle response am Montag. „Dem wollen wir etwas entgegensetzen und mit der Meldestelle dazu beitragen, das ganze Ausmaß rechter und rassistischer Gewalt in Hessen sichtbar zu machen.“
Alleine im Jahr 2019 bearbeitete response den Angaben zufolge 134 Beratungsanfragen von Menschen, die über rechtsextremistische, rassistische oder antisemitische Gewalt in Hessen berichten – im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Anstieg von 30 Prozent gewesen. „Wir gehen aber davon aus, dass das tatsächliche Ausmaß noch deutlich höher ist. Das wissen wir aus unserer Beratungsarbeit, in der Betroffene oft von einer ganzen Biografie voll von Rassismuserfahrungen sprechen», betonte Sarma.
Wer über das Online-Formular einen Vorfall melde, habe immer auch die Möglichkeit eines Beratungsangebots. Sarma hoffte, dass gerade aus dem ländlichen Raum über das Online-Angebot mehr Meldungen als bisher eingehen. (dpa/iQ)