Rechtsextremismus

Disziplinarverfahren gegen rechte Berliner Polizisten

Nur selten gelangen rechtsextreme Taten von Berliner Polizisten an die Öffentlichkeit. Nun veröffentlicht die Polizei aktuelle Zahlen.

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01
2020
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Rassistische Chats? Smartphones von Polizisten beschlagnahmt, NRW © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Rassistische Chats? Smartphones von Polizisten beschlagnahmt, NRW © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Gegen Berliner Polizisten sind im vergangenen Jahr 17 interne Disziplinarverfahren wegen möglicher rechtsmotivierter Taten eingeleitet worden. Das teilte die Polizei der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Demnach könne in den jeweiligen Fällen „eine rechtsgerichtete oder rechtsextremistische Gesinnung oder Motivation bei Tatbegehung eine Rolle gespielt haben“. Worum es in den Verfahren im Detail geht, verriet die Polizei nicht.

Auch die Anzahl von Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund durch Berliner Polizisten blieb unklar. Diese würden derzeit nicht entsprechend statistisch aufgeschlüsselt, hieß es.

Rechtsextreme Tendenzen von Polizisten besser beobachten

Bei Strafermittlungen wird geprüft, ob jemand eine Straftat begangen hat. In Disziplinarverfahren geht es hingegen um Dienstvergehen von Beamten – also um Verletzungen ihrer besonderen Plichten als Beamte. Im Berliner Landesbeamtengesetz steht etwa die Pflicht von Polizisten, sich rückhaltlos für den Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzusetzen.

Zuletzt hatte die Polizei vor rund drei Wochen von einem Beamten berichtet, gegen den ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Er soll eine rechtsextreme Chatnachricht versendet haben.

Die Polizei teilte nun mit, rechtsextreme Tendenzen und Straftaten von Beamten künftig besser recherchierbar zu machen. Dazu solle einerseits eine interne Suchmaske im Computersystem mit einer neuen Kategorie „Polizeibediensteter“ ausgestattet werden. So soll man beispielsweise einfach herausfinden können, ob verdächtige Polizisten Mitglied in bestimmten Organisationen sind, wie ein Polizeisprecher auf Nachfrage erklärte.

Andererseits will die Polizei Strafverfahren mit rechtsextremistischem Hintergrund, in denen Polizisten als Verdächtige ermittelt wurden, in Zukunft gesondert kennzeichnen. Dadurch könne die Behörde die Verfahren jederzeit nachverfolgen und schneller Auskunft über sie geben, hieß es. Eine neue, eigene Datenbank zu rechtsextremen Straftaten und Einstellungen von Berliner Polizisten sei hingegen nicht geplant, sagte der Sprecher.

Aufforderung um Aufklärung

Vor rund einem halben Jahr hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur angekündigt, stärker gegen rechtsextreme Tendenzen in den eigenen Reihen vorzugehen. Sie versprach, das Problem statistisch besser zu erfassen. Zuvor war durch eine Antwort des Senats auf eine schriftliche Anfrage von zwei Grünen-Abgeordneten bekanntgeworden, dass die Polizei rechtsextreme Straftaten eigener Beamter nicht systematisch registriert. Die Grünen forderten daraufhin eine Studie, um Aufklärung zu schaffen.

In der Berliner Polizei arbeiteten Ende 2017 eigenen Angaben zufolge rund 25 000 Menschen, davon derzeit rund 17 500 im Polizeivollzugsdienst der Schutz- und Kriminalpolizei. In den vergangenen Jahren waren einige Fälle an die Öffentlichkeit gelangt, bei denen Berliner Polizisten mit mutmaßlich rechtsextremen Taten aufgefallen waren.

Im Juli 2018 wurde über eine Recherche von „Berliner Morgenpost“, NDR und ARD bekannt, dass ein Kommissar in einer SMS an seinen Vorgesetzten den Code „88“ geschrieben haben soll. Die Zahlenkombination steht in rechtsextremen Kreisen wegen des achten Buchstabens im Alphabet für „Heil Hitler“. Im gleichen Jahr berichteten mehrere Medien von einem Berliner Polizisten, der Drohbriefe an die linke Szene verschickt haben soll – inklusive persönlicher Daten von Aktivisten.

„NSU – 88 – Sieg Heil“

Im vergangenen Mai schrieb die „Taz“ zudem von Polizeischülern, die „Sieg Heil“ gerufen haben sollen. Im Juli meldete der Sender RBB, ein Berliner Polizist werde verdächtigt, in einer Rede vor dem Landeskriminalamt die rechtsextremistische Terrorzelle NSU verharmlost zu haben.

In der Antwort auf die Anfrage der Grünen räumte die Innenverwaltung darüber hinaus ein, dass eine Anzahl von Polizisten im unteren einstelligen Bereich Bezüge zur Szene der Reichsbürger habe. Dem Senat lägen aber keine Erkenntnisse eines möglichen rechtsextremen Netzwerks in der Polizei vor: „Die Auflistung von Einzelfällen begründet daher kein strukturelles Problem“, hieß es.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamte (BDK) teilte indes vor gut zwei Wochen mit, aktuell gebe es verschiedenste Verfahren gegen Polizisten, die einen mutmaßlich rechtsextremen Hintergrund hätten – etwa in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin. Darauf mit den „sich wiederholenden Plattitüden zu reagieren, es handele sich um Einzelfälle, ist offenkundig nicht angemessen“, kritisierte der Verband. (dpa/iQ)