Rassismus sei ein riesiges gesellschaftliches Problem, beklagen Migrantenverbände. Und sie formulieren Erwartungen an die Politik.
Verschiedene Migrantenorganisationen haben als Konsequenz aus dem Anschlag in Hanau einen stärkeren Einsatz gegen Rechtsextremismus, Rassismus und für mehr Integration gefordert. So müsse als neues Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen werden, dass Deutschland ein „vielfältiges Einwanderungsland“ sei, heißt es in dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Impulspapier. Zugleich müsse der Begriff „Rasse“ im Grundgesetz gestrichen werden.
Weiter soll dem Beispiel des Nationalen Ethikrats folgend ein „Nationaler Rat zur interkulturellen Öffnung“ eingerichtet werden. Dabei sollten Migrantenorganisationen beteiligt werden. Zudem müsse es eine gleichberechtigte Teilhabe in Entscheidungsfunktionen für Menschen mit Migrationshintergrund geben. Dazu solle es etwa Zielquoten für Führungskräfte geben.
Am Montag findet im Bundeskanzleramt der Integrationsgipfel statt. Vor dem eigentlichen Gipfel ist nach Angaben der Verbände aber ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. Zur Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen gehören unter anderem die Türkische Gemeinde in Deutschland, die Initiative Each One Teach One, der Polnische Sozialrat sowie die Neuen Deutschen Organisationen.
Die Vorsitzende des Polnischen Sozialrates, Marta Neüff, erklärte mit Blick auf den Integrationsgipfel, bislang hätten die Forderungen der Migrationsverbände kaum Gehör gefunden. Sie spiegelten sich weder im Koalitionsvertrag noch bei den Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus wieder. Eine Antwort darauf sei aber die Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit. Sie würdigte den Integrationsgipfel als „gute Dialogplattform“. Jetzt müssten aber Taten folgen.
Der Pressesprecher der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Cihan Sinanoglu, sagte in Anspielung auf die Aussage von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Migration sei die Mutter aller Probleme, dass der „Vater aller Probleme Rassismus heißt“. Dieser sei tief verankert in der Gesellschaft. Die Politik dürfe sich nicht auf eine Verschärfung von sicherheitspolitischen Maßnahmen beschränken.
Seehofer äußerte sich nach einer Sitzung des Bundestag-Innenausschusses zu Hanau und erklärte, die Gewalttat in Hanau sei „ohne Zweifel rassistisch motiviert“. Er bekräftigte, dass es eine „sehr hohe Bedrohungslage“ durch Rechtsextremismus und -terrorismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gebe. Bund, Länder und Kommunen müssten ihre Anstrengungen verstärken, um eine so furchtbare Tat zu vermeiden
Der mutmaßliche Täter hatte in der vergangenen Woche in Hanau zehn Menschen erschossen und sich anschließend selbst getötet. Unter den Toten sind neun Menschen mit Migrationshintergrund. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Angreifer eine „zutiefst rassistische Gesinnung“. (KNA, iQ)