Frankreich

Kommunalwahlen im Schatten der Islamdebatte

Am Sonntag findet die erste Runde der Kommunalwahlen in Frankreich statt. Besonders der Umgang mit den Muslimen in französischen Städten und Gemeinden sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen.

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03
2020
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Moschee
Frankreich

An den nächsten beiden Sonntagen werden in 36.000 französischen Gemeinden und Städten Gemeinderäte und Bürgermeister gewählt – mitten in der Coronavirus-Krise. In der Hauptstadt Paris will die Sozialistin und amtierende Bürgermeisterin Anne Hidalgo ihr Amt gegen die Konservativen und die Kandidatin der Präsidenten-Partei „La Republique en Marche“ (LREM) verteidigen.

Als guter „Pater familias“ hat Staatschef Emmanuel Macron pünktlich um 20 Uhr am Donnerstag auf allen TV- und Radiokanälen zur Nation gesprochen. So will es die Tradition der Republik, seit Charles de Gaulle 1958 als Retter in der Staatskrise der fallenden Vierten Republik aus dem Ruhestand gerufen wurde. In den Turbulenzen der vergangenen Woche, geprägt von Panikkäufen und widersprüchlichen Prognosen, ist dabei ein Thema untergegangen, das über viele Wochen den Wahlkampf prägte: der Kommunitarismus.

Explizit religiös orientierte muslimische Listen

Dieser Begriff, für den es keine treffende deutsche Übersetzung gibt, kennzeichnet laut Wörterbuch einen Denkansatz, „der einer Gemeinschaft (ethnisch, religiös, kulturell, sozial, politisch, mystisch, sportlich) einen zumindest gleichen, wenn nicht größeren Wert zumisst als den universellen Rechten wie Freiheit und Gleichheit“. Kommunitarismus wurde in Frankreich besonders mit Blick auf die geschätzt acht Millionen Muslime ein immer häufigeres Schlagwort in der politischen Debatte.

Erstmals gibt es bei diesen Wahlen explizit religiös orientierte muslimische Listen. Anders- und Nichtgläubige findet man darauf nicht. Dies ist Ausdruck einer zunehmenden Spaltung der französischen Gesellschaft, in der militante, islamische Vereinigungen und Gruppen die „Dekadenz“ der westlichen Welt und ihres liberal-demokratischen Modells anprangern. Sie halten dem Okzident die „Reinheit“ und „Sauberkeit“ des Islam entgegen und finden deshalb, wegen der gleichfalls enthaltenen Kapitalismus-Kritik, auch viele Unterstützer im linksextremen Lager und bei den von ihren Kritikern als „Salon-Sozialisten“ verschrieenen Progressiven in der Hauptstadt.

Unterdrückung muslimischer Sitten

Ein anderes Schlagwort in diesem Wahlkampf war schon länger bekannt, es lautet „Islamophobie„. Die muslimische Seite und ihre linken Unterstützer prangerten wiederholt eine vermeintliche Unterdrückung muslimischer Bräuche und Sitten. Muslime würden bedrängt und an ihrer Glaubensausübung behindert, hätten zu wenig Gotteshäuser und stießen auf Ablehnung bei Regierung, Verwaltung und Parteien. So waren in kurzer Zeit rein muslimische Kindergärten, Koranschulen und Schwimmbad-Stunden ausschließlich für muslimische Frauen an der Tagesordnung. (KNA,iQ)