Während der Corona-Krise wird in der Duisburger Zentralmoschee der Gebetsruf öffentlich zu hören sein. Ziel ist es, ein Zeichen der Solidarität mit der muslimischen Gemeinschaft zu setzen.
Zum ersten Mal seit 12 Jahren ertönte der Gebetsruf vom Minarett der Duisburger Zentralmoschee. Die Moschee wurde 2008 eröffnet.
Die Vorsitzende des DITIB NRW-Landesverbands, Hülya Ceylan, teilte auf Anfrage mit, ein Angebot von der benachbarten Kirchen erhalten zu haben, öffentlich zum Gebet zu rufen. „Deutschlandweit haben die Kirchen begonnen, um 19:00 Uhr die Glocken zu läuten, um aufgrund der geschlossenen Gebetsräume ein Zeichen der Solidarität mit den Gläubigen zu setzen. Unsere benachbarte Kirche in Duisburg fragte uns, ob wir jeden Abend an dieser Aktion teilnehmen möchten. Wir haben zum Ausdruck gebracht, dass wir die muslimische Gemeinschaft durch den Gebetsruf spirituell unterstützen können.“
Ceylan wies darauf hin, dass die Duisburger Zentralmoschee seit 12 Jahren ein Minarett hat, von diesen bisher aber nicht zum Gebet gerufen wurde. „Während des Ausnahmezustands aufgrund der Epidemie wird der Gebetsruf bei Muslimen in Duisburg und Deutschland ein gutes Gefühl hervorrufen“, so Ceylan. Nach dem Angebot der Kirche haben wir uns mit der Stadt Duisburg und dem Zuständigen für den Krisenstab zusammengesetzt und die Genehmigung eingeholt. Nun wird jeden Abend, um ein Zeichen der Solidarität zu setzten, der Gebetsruf ausgerufen.“
Der erste Gebetsruf in Duisburg habe bei den Muslimen positive Reaktionen hervorgerufen, so Ceylan. “Wir sind in einem Ausnahmezustand. Muslime können nicht in die Moschee, wir können nicht gemeinsam beten. Wir möchten damit der muslimischen Gemeinschaft Moral, Stärke und Trost vermitteln. Viele Muslime haben sich bedankt, dass sie in solchen schweren Zeiten dieses spirituelle Gefühl erleben durften.“
Andere Moscheen in Deutschland und auch in Europa möchten nach diesem Vorbild ebenfalls den Gebetsruf einführen. „Dieses Projekt gibt es zur Zeit nur in Duisburg. Doch in anderen Städten könnte in Zusammenarbeit mit den Kirchen auch etwas gestartet werden. Die Moscheen können sich an lokale Institutionen wenden und eine Genehmigung einholen. Menschen sind momentan auf der Suche nach Möglichkeiten, die Moral der Gesellschaft zu stärken. Der Gebetsruf ist in diesem Sinne ein sehr wirksames Symbol“, so Ceylan.
Ab heute soll der Gebetsruf auch von der Moschee der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in Hannover am Abend zu hören sein. Das wurde nach Angaben der Gemeinde von der Stadt genehmigt. IGMG-Generalsekretär Bekir Altaş zufolge kämpfen auch Muslime in Europa gegen die Ausbreitung des Corona-Virus. Der öffentliche Gebetsruf in Hannover und Duisburg ist ein Zeichen der Solidarität in Zeiten einer Krise. So möchten Moscheen ihren Mitgliedern „ein Gefühl der Sicherheit vermitteln“. „Ich möchte den Behörden, die diese Aktionen ermöglicht haben, danken. Ich denke, dass es in den kommenden Tagen auch in anderen Städten öffentliche Gebetsrufe geben wird“, so Altaş abschließend.
In den Niederlanden sind Gebetsrufe verfassungsrechtlich erlaubt, doch sie sind außerhalb der Moscheen seit langem nicht mehr zu hören. Grund dafür ist die steigende Islamfeindlichkeit. Die Religionsgemeinschaften vor Ort haben auf den Gebetsruf verzichtet, um potentielle Unruhen zu vermeiden. Im Land bedarf es keiner gesonderten Genehmigung für den Gebetsruf. In den kommenden Tagen sollen auch dort, vor allem in der IGMG Ayasofya Moschee in Amsterdam und in weiteren vier Moscheen, Gebetsrufe aufgrund der Corona-Krise zu hören sein.