Der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte „Flügel“ soll sich nach dem Willen der AfD-Parteispitze auflösen. Hessen hat bereits Schritte zur Auflösung eingeleitet.
Der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte „Flügel“ soll sich nach dem Willen der AfD-Parteispitze auflösen. „Der Bundesvorstand erwartet als Ergebnis des „Flügel“-Treffens eine Erklärung darüber, dass sich der informelle Zusammenschluss „Flügel“ bis zum 30.04.2020 auflöst“, heißt es in einem Beschluss, den das Gremium am Freitag in Berlin verabschiedete.
Der Beschluss fiel nach Angaben aus Parteikreisen mit elf Ja-Stimmen, einer Enthaltung und einer Nein-Stimme deutlich aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte in der vergangenen Woche erklärt, der „Flügel“ sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte.
Nach Angaben aus Parteikreisen schlug der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen zunächst vor, der „Flügel“ solle sich bis zum Monatsende auflösen. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, stieß die Auflösungsidee bei mehreren Teilnehmern generell auf Zustimmung. Die Frage, wie und wann dies erfolgen sollte, sei allerdings sehr kontrovers diskutiert worden. Dabei wurde dem Vernehmen nach auch auf unterschiedliche Befindlichkeiten in den westlichen und einigen, dem „Flügel“ eher zugeneigten AfD-Landesverbänden im Osten hingewiesen. Hinter dem Vorschlag, der am Ende zur Abstimmung kam, hätten sich schließlich Meuthen, der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla, Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sowie Beatrix von Storch und Carsten Hütter versammelt.
Nach der Aufforderung der AfD-Spitze zur Selbstauflösung des „Flügels“ hat der Gründer der Vereinigung, Björn Höcke, eingelenkt und gleichzeitig die Parteiführung kritisiert. Die AfD habe sich in den knapp fünf Jahren seit der Gründung des „Flügels““gut entwickelt, deshalb brauche man nun „einen Impuls, der über den Flügel hinausweist und die Einheit der Partei betont“, sagte der Thüringer AfD-Landeschef in einem am Samstagabend veröffentlichten Interview mit dem neu-rechten Verleger Götz Kubitschek. „Der Bundesvorstand ist das höchste Exekutivorgan der Partei. Als Konservativer pflege ich die Institutionen, auch wenn ich weiß, welche irrationalen Dynamiken in mehrstündigen Sitzungen solcher Gremien ablaufen.“
Gleichzeitig kritisierte Höcke die Entscheidung des Bundesvorstandes vom Vortag. Er sagte: „Ich bin als AfD-Mitglied peinlich berührt. Denn diese Forderung kommt zum falschen Zeitpunkt und unterläuft einen Vorgang, den der „Flügel“ längst umsetzt: seine Historisierung. Alle, die ihn aufmerksam beobachten, haben das wahrgenommen.“
Der Verfassungsschutz hat den „Flügel“ als rechtsextreme Bestrebung eingestuft. Die Vereinigung ist nicht als Verein organisiert, gilt aber als schlagkräftiges Netzwerk innerhalb der Partei. Aus der Parteispitze hieß es nach der Veröffentlichung von Höckes Interview, „den Worten müssen nun auch Taten folgen – dieses Netzwerk muss seine Tätigkeit beenden“.
Der „Flügel“ will seine Aktivitäten in Hessen einstellen. Damit folgt er dem Beschluss des Bundesvorstandes der Partei vom vergangenen Freitag. Die Europaparlamentarierin und „Flügel“-Obfrau in Hessen, Christine Anderson, der hessische Landtagsabgeordnete Heiko Scholz und Andreas Lichert schrieben an die „Flügel“-Anhänger in Hessen: „Wir haben uns immer in erster Linie als AfD-Mitglieder verstanden und unser Ziel war stets, die AfD noch erfolgreicher zu machen. Daher wollen wir diese Selbstauflösung mit dem Signal verbinden, dass immer und überall die Interessen der AfD über den Partikularinteressen von Einzelnen oder Gruppen stehen müssen.“
Der Beschluss des Bundesvorstandes, der eine Selbstauflösung der Vereinigung bis Ende April gefordert hatte, komme zwar zur Unzeit – so kurz nach der Einstufung des „Flügels“ zum Beobachtungsfall durch den Verfassungsschutz. Er sei aber dennoch als „ausgestreckte Hand in Richtung des Flügels“ zu verstehen. (dpa/iQ)