Afd-Flügel

Verfassungsschutzchef: Flügel-Auflösung ist eine Nebelkerze

Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer sieht in der angekündigten Auflösung des als rechtsextrem eingestuften „Flügels“ in der AfD einen Schachzug.

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03
2020
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Verfassungsschutzchef AfD
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Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer sieht in der angekündigten Auflösung des als rechtsextrem eingestuften „Flügels“ in der AfD einen Schachzug. „Das ist eine Nebelkerze“, sagte Kramer am Mittwoch in Erfurt. „Viel wichtiger ist doch, ob sich die Partei vom Flügel tatsächlich distanziert, der Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist. Davon ist bisher nicht sehr viel zu sehen.“

Verfassungsschutzchef: „Szenetypisches Verhalten“

Kramer bezeichnete die Auflösungsankündigung als „szenetypisches Verhalten“. Als Reaktion auf die Beobachtung durch den Verfassungsschutz würde der Flügel pro forma aufgelöst, die Arbeit aber fortgesetzt. Kramer reagierte damit auf eine Auflösungsankündigung der führenden „Flügel“-Vertreter Björn Höcke (Thüringen) und Andreas Kalbitz (Brandenburg) in einem am Dienstagabend auf Facebook veröffentlichten Brief. Darin heißt es unter anderem, „jede Organisationsform kann nur Mittel zum Zweck sein. Der politische Einsatz geht weiter und fordert unsere ganze Kraft.“

In Thüringen stelle sich die Frage, wie groß der Einfluss des Flügels auf den gesamten Landesverbandes der Partei sei, sagte der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz. Höcke ist Thüringer AfD-Chef und Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion, die im Parlament die zweitstärkste Fraktion stellt. Höcke und Kalbitz schrieben in ihrem Brief: „Wir fordern alle, die sich der Interessengemeinschaft angehörig fühlen, auf, bis zum 30. April ihre Aktivitäten im Rahmen des Flügels einzustellen.“ Der Flügel gilt als schlagkräftiges Netzwerk innerhalb der Partei. Der AfD-Bundesvorstand hatte in einem Beschluss eine Erklärung gefordert, dass sich der informelle Zusammenschluss bis 30. April auflöst.

Flügel seit 2019 Verdachtsfall

Die AfD hatte Stellungnahmen von Funktionären der Partei veröffentlicht, mit denen diese frühere Äußerungen zum Islam, zur Einwanderung und zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber „klarstellen“ wollten. Damit sollten Vorhaltungen des Verfassungsschutzes entkräftet werden. Nicht alle diese Äußerungen stammten von Anhängern des „Flügels“. Der Verfassungsschutz hatte den von Höcke gegründeten rechtsnationalen „Flügel“ im Januar 2019 als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft, ebenso die Nachwuchsorganisation der AfD, die Junge Alternative. (dpa, iQ)