Nachbarschaftshilfe

„Ich wusste nicht, wie ich die Zeit überstehen soll“

Von der Corona-Krise sind vor allem alte und schwache Menschen betroffen. Muslimische Organisationen möchten helfen, etwa durch Nachbarschaftshilfe. IslamiQ hat mit zwei ehrenamtlichen Helfern gesprochen.

08
04
2020
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Nachbarschaftshilfe © Facebook, bearbeitet by iQ
Nachbarschaftshilfe © Facebook, bearbeitet by iQ

Kranke und ältere Menschen gehören zur Corona-Risikogruppe. Sie zu schützen ist in Zeiten der Corona-Krise ein Zeichen des Zusammenhalts. Aus diesem Grund haben mehrere muslimische Organisationen eine Aktion zur Nachbarschaftshilfe gestartet. Darunter auch die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), der Islamrat und „Fudul“, die Zentralstelle für Islamische Wohlfahrt und Soziale Arbeit. Mit Hilfe ihrer Landesverbände, der Regional- und Ortsvereine unterstützen ehrenamtlich engagierte Muslime ihre Nachbarn beim Einkaufen und anderen Besorgungen. IslamiQ hat mit den ehrenamtlichen Helfern gesprochen.

Nachbarschaftshilfe in schwierigen Zeiten

Ibrahim Eken und seine Freunde aus Ulm haben derzeit alle Hände voll zu tun. Sie organisieren die Hilfe vor Ort. Wie wichtig das Hilfsprojekt ist, sei ihm jetzt viel klarer. „Was uns jetzt in dieser Zeit noch deutlicher auffällt, ist, wie wichtig eigentlich das Ehrenamt und die Unterstützung der Hilfebedürftigen in unserer Gesellschaft ist. Denn sie sind zum Teil alleine und haben Probleme, ihre Einkäufe selber zu erledigen“, erklärt Eken.

Die Reaktionen der älteren Menschen seien durchaus positiv gewesen. Sie waren überrascht darüber, dass die Jugendlichen in der Stadt so „zuvorkommend und hilfsbereit“ seien. „Solche positiven Rückmeldungen und Reaktionen geben uns mehr Kraft und Motivation“, erklärt Eken weiter. Die Nachbarschaftshilfe leiste in Ekens Augen einen großen Beitrag für das zukünftige Miteinander, „denn der Zusammenhalt in schwierigen Zeiten macht nochmal deutlich, dass wir nur gemeinsam solche Situationen meistern können“, so Eken abschließend.

„Ich wusste nicht, wie ich die Zeit überstehen soll. Dann kamen die ersten vollen Einkaufstüten der Nachbarschaftshilfe“, „Jetzt merkt man, dass das Vermögen keine Rolle mehr spielt. Vielmehr sind es unsere guten Nachbarn und alle Helferinnen und Helfer“, „Mein größter Wunsch ist, dass die Menschheit daraus lernt“, „Die Solidarität der Gesellschaft zeigt unsere wirkliche Stärke.“ Das sind nur einige schöne Kommentare, an die sich die ehrenamtlichen Helfer erinnern werden.

„Mit sowas hatte ich nicht gerechnet“

Aus Köln berichtet Harun Keskin, der ebenfalls an mehreren Hilfsaktionen teilgenommen hat. „Eine ältere Dame hat mir als Gegenleistung angeboten, Schutzmasken zu nähen, falls wir welche bräuchten. Mit sowas hatte ich nicht gerechnet. Dieser Zusammenhalt hat mich sehr bewegt“, erklärt Keskin.

Für ihn sei es wichtig helfen zu dürfen. Er erinnere sich dabei an die Überlieferung des Propheten Muhammad (s), die besagt, dass die gebende Hand lohnender ist als die nehmende.

„Die Nachbarschaftshilfe ist sehr wichtig. Auch wenn es kein Bedarf an dieser Art von Hilfe geben würde, sollte man Hilfe anbieten. Als Muslim sehe ich als es Voraussetzung mich aktiv in der Gesellschaft einzubringen. Wenn Hilfe benötigt wird, sind wir zur Stelle“, fügt Keskin hinzu.

IGMG und Fudul danken mit Masken

Neben der Nachbarschaftshilfe startete die IGMG in Kooperation mit „Fudul“, ein europaweites Projekt zur Unterstützung von Ärzten, Pflegern sowie anderen systemrelevanten Berufsgruppen. Das Projekt trägt den Namen „Wir danken mit Masken“ und soll Personen, die aufgrund der Corona-Epidemie bei der Arbeit einen Mund- und Nasenmasken tragen sollten, helfen, ihren Arbeitsalltag sicherer zu gestalten.

„Umgesetzt wird das Projekt mit einem zentralen Aufruf an alle Regionalverbände und Moscheegemeinden der IGMG, von denen knapp die Hälfte in Deutschland sind. Die jeweiligen Gemeinden erkundigen sich vor Ort bei Krankenhäusern, bei Pflegeheimen, bei der Feuerwehr oder auch im Einzelhandel nach dem Bedarf. Anschließend werden in Heim- und Handarbeit Mund- und Nasenmasken genäht und an die jeweiligen Stellen geliefert“, heißt es in einer Mitteilung.