Die Neuregelung der Verleihung von Körperschaften in Nordrhein-Westfalen trifft auf ein geteiltes Echo bei muslimischen Spitzenvertretern der Religionsgemeinschaften. Manche äußern Sorge vor einer Ungleichbehandlung.
Nordrhein-Westfalen will die Verleihung von Körperschaftsrechten an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gesetzlich regeln. Besonders muslimische Religionsgemeinschaften dürften es dann schwerer haben, als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Kirchen und Jüdische Gemeinden sind vom neuen Gesetz nicht betroffen.
Über einen entsprechenden Gesetzesentwurf will der Hauptausschuss des Landtags, mit allen Fraktionen, am heutigen Donnerstag abschließend beraten. Das Vorhaben trifft bei Spitzenvertretern und Experten auf muslimischer Seite auf ein geteiltes Echo.
Der Jurist und stellvertretende Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş, Mustafa Yeneroğlu, erklärte gegenüber IslamiQ, dass die Meinungen noch auseinander gehen, ob das geplante Körperschaftsgesetz zur Klärung beiträgt oder nicht doch neue Probleme schafft.
Klärung begrüßenswert – Gefahr politisches Verfahren
„Das Land sollte in den anstehenden Gesprächen mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften umfaasend erörtern, warum sie gerade jetzt Klärung bei dem Thema Körperschaftsstatus schaffen will, vor allem im Hinblick auf die Herausforderungen bzgl. der islamischen Religionsgemeinschaften”, erklärte Yeneroğlu. Man sehe die Gefahr einer Ungleichbehandlung in Bezug zu den bisher etablierten Religionsgemeinschaften als öffentliche Körperschaften. „Diese werden nämlich weitgehend außerhalb des Einflussbereichs des Gesetzes stehen, insoweit haben wir wohl mit einer Sonderregelung für Muslime zu tun”, sagte Yeneroğlu.
Mit dem Gesetz laufe man Gefahr, dass ein bisher die „Gleichbehandlung nach objektiven Kriterien herstellender Verwaltungsakt“ gegen ein politisches Verfahren ausgetauscht werde. „Mit dem Gesetz wird es für zukünftige Körperschaftskandidaten gerade nicht mehr ausreichen, die objektiven Kriterien zu erfüllen. Vielmehr wird die Gefahr bestehen, dass die Ausübung von grundgesetzlich gewährten Rechten und Freiheiten von politischen Konstellationen und der aktuellen öffentlichen Meinung über den Islam oder die jeweilige Gemeinschaft abhängig sein wird“, sagte Yeneroğlu. Dass dies nicht zu guten Ergebnissen führen muss, zeige das Beispiel der Schweiz, wo immer wieder in Referenden Minderheitenrechte beschränkt würden.
Ähnlich sieht es auch der Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik, Ali Kızılkaya. „Die geplanten Regelungen benachteiligen islamische Religionsgemeinschaften. Wir müssen aufpassen, dass keine „zwei-Klassen“ Körperschaften für Religionsgemeinschaften entstehen“, sagte Kızılkaya im Gespräch mit unserer Redaktion. Er beklagte zudem, dass keine muslimische Religionsgemeinschaft zur Anhörung im Landtag eingeladen wurde.
DITIB: Freundschaftlicher und gedeihlicher Dialog
Einen anderen Standpunkt hat die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB). Deren stellvertretender Generalsekretär und Dialogbeauftragter, Bekir Alboğa, betonte gegenüber IslamiQ, den „freundschaftlichen und gedeihlichen Dialog“ mit der Landesregierung. „Diese Zusammenarbeit ist beiderseits von dem Bestreben getragen, den Bedürfnissen der muslimischen Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen gerecht zu werden. Die DITIB Landesverbände sind Religionsgemeinschaften im Sinne unseres Grundgesetzes. Wir sind zuversichtlich, dass diese Tatsache auch im weiteren Verlauf der Gespräche mit der Landesregierung bestätigt werden wird“, so Alboğa.
Die Anerkennung von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts orientiere sich an den gesetzlich und gerichtlich konkretisierten Voraussetzungen. „Wir verfolgen aufmerksam, dass auch im aktuellen Gesetzgebungsverfahren diese Voraussetzungen beachtet werden“, sagte Alboğa. Man nehme nicht an, dass der Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet sei, Hindernisse aufzubauen. „Gesetzliche Klarheit kann an dieser Stelle durchaus von Vorteil sein. Sollten Details des Gesetzesvorhabens rechtlich problematisch sein, werden wir das auch zur Sprache bringen“, erklärte Alboğa abschließend.