#Ramadanbriefe

„Nichts hat sich im Ramadan für uns geändert“

Ramadan ist für viele Muslime eine Zeit der Gemeinschaft und Nähe. Wegen Corona heißt es dieses Jahr jedoch: Abstand halten. IslamiQ-Leser halten ihre Gefühle in Ramadan-Briefen fest. Heute Susann Uçkan an die muslimische Gemeinschaft.

05
05
2020
Ramadan-Briefe
Ramadan-Briefe © Hatice Başkaya, bearbeitet by iQ

Lieber Bruder, liebe Schwester,

wir begrüßen den Ramadan, der wie jedes Jahr wieder willkommen ist in unserem Haus. Weit weg von unseren Familien und allein unter Vielen erleben wir den Ramadan wie all die Jahre zuvor. Wir sind dankbar, erneut daran teilhaben zu dürfen, und wir sind dankbar für das, was uns Allah dafür zur Verfügung stellt. Wir vermissen auch in diesem Jahr 2020 mit seinem ungebetenen Gast Corona nichts. Für uns persönlich ändert es nämlich gar nichts.

Weitere Beiträge zu den Ramadan-Briefen:
IslamiQ-Redaktion: Ramadan in Corona-Zeiten: Ein Brief an unsere Leser
Esra Özgür: „Ich vermisse die alten Ramadan-Monate mit dir“
Kübra Zorlu: Ein etwas anderer Ramadan

Die Verbundenheit in einer großen Familie oder in einer Gemeinde war uns bisher nicht gewährt. Es spielt keine Rolle, warum es bisher nie dazu kam. Denn unser Ramadan war trotz dessen immer der Monat im Jahr, der uns Allah näher brachte und uns stärkte.

Natürlich haben wir hin und wieder sehnsüchtig auf diejenigen geblickt, die Gemeinschaft erleben durften. Gemeinschaft, die gerade im Fastenmonat so wichtig ist, weil sie so einiges erleichtert. Ich lese aus traurigen Zeilen, dass dieser Ramadan so viel anders ist. Weil all das fehlt, was Corona nimmt. Doch Corona hat uns nichts genommen, es hat uns sogar etwas gegeben: Wir sind diesmal alle in derselben Situation und verzichten gleichermaßen. Verzicht ist das, was uns dankbarer macht, und selbst wenn es das kleinste Ereignis ist. 

Schließlich sind wir immerhin in der Lage, es erleben zu dürfen. Und genau in diesem Moment wird mir klar, dass es woanders Muslime gibt, die selbst jetzt noch sehnsüchtig zu uns schauen und sich wünschten, den Ramadan so erleben zu dürfen – trotz des ganzen zusätzlichen Verzichts. Doch vielleicht haben sie gerade mit Krankheit, Krieg und Verlust zu kämpfen, mit Nahrungsmittelknappheit, Korruption und Unterdrückung.

Corona ist eine Chance, über sein bisheriges Leben und Erleben von Ramadan hinaus zu schauen und dankbarer zu werden. Denn was für viele bisher so selbstverständlich war, ist für andere nur ein Traum. Uns geht es immer noch gut. Statt in Sehnsucht und Trauer zu verfallen, sollten wir dankbar sein.

Lieber Bruder, liebe Schwester! Wenn Du nächstes Jahr Ramadan dein Iftar und deine Gebete in der Gemeinschaft verrichtest, dann vergiss diesen besonderen Ramadan 2020 nicht. Vergiss nicht, dass es Geschwister gibt, die schon vor Corona mitten in Deutschland aber auch überall auf der Welt an dem Segen der Gemeinschaft nicht teilhaben durften.

Alhamdulillâh für jede Art der Prüfung, die uns stark werden lässt und uns reifen lässt, damit wir gefestigter sind, um jedem Übel mit Leichtigkeit entgegentreten zu können. Die Vergangenheit ist nichts weiter als eine lehrreiche Erinnerung, die Zukunft aber ist eine Chance – inschallah.

Leserkommentare

Gastbeitrag bei islamIQ – Susann Uckan schreibt sagt:
[…] IslamIQ hat eine schöne Aktion, wo man #ramadanbriefe verfassen kann, um anderen Menschen eine Geschichte zu erzählen, Gefühle über diesen speziellen Ramadan 2020 mitzuteilen, zu motivieren und zu zeigen, dass wir alle trotz Distanz eine Gemeinschaft sind, alhamdulillah.Mein Brief wurde heute veröffentlicht und handelt davon, dass sich eigentlich für uns persönlich nichts geändert hat. Warum, das kannst du hier lesen:http://www.islamiq.de/2020/05/05/nichts-hat-sich-im-ramadan-fuer-uns-geaendert/ […]
05.05.20
17:17
Prinzessin Rosa sagt:
As-salamu alaykum liebe Schwester Susanne, Du sprichst mir mit jedem Wort aus der Seele. Danke und ich wünsche insbesondere Dir und Deiner Familie und natürlich auch allen anderen Geschwistern weiterhin einen segensreichen Ramadan.
06.05.20
7:56