Niedersachsen

Kein Kopftuch für Richter und Staatsanwälte

In niedersächsischen Gerichtssälen dürfen Richter und Staatsanwälte künftig kein Kopftuch tragen. Die Grünen kritisieren die neue Regelung.

13
05
2020
Symbolbild Gerichtsverfahren
Symbolbild: Gerichtsverfahren, © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Richtern und Staatsanwälten in Niedersachsen ist künftig das Tragen religiöser Gegenstände und Kleidungstücke im Gerichtssaal untersagt. Der Landtag stimmte am Dienstag in Hannover mehrheitlich für eine Gesetzesänderung, die das Tragen sämtlicher sichtbarer Symbole oder Kleidungsstücke, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen, verbietet. Nur die Grünen stimmten gegen die von ihnen als „Kopftuch-Verbot“ kritisierte Regelung.

Wie das Landesjustizministerium kürzlich erklärte, gibt es bislang keine Richterin in Niedersachsen, die ein Kopftuch tragen will. Regelmäßig meldeten sich aber Referendarinnen mit dem Wunsch, auch bei der Tätigkeit im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen.

Keine Tätigkeiten mit Kopftuch

Zuvor hatte eine in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin dagegen geklagt, mit Kopftuch keine Tätigkeiten als Repräsentantin der Justiz oder des Staates ausüben zu dürfen. Ohne Erfolg.

Das Verbot greife zwar in die Glaubensfreiheit der Klägerin ein, entschieden die Richter. Dies sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt – etwa die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Anders als etwa in der Schule trete der Staat dem Bürger in der Justiz klassisch-hoheitlich gegenüber. Das Verbot ist für die Richter aber nicht zwingend. Keine der konkurrierenden Rechtspositionen sei von überragendem Gewicht.

Einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Berlin haben ähnliche Vorschriften. In anderen Ländern ist die Frage gar nicht geregelt, weil sich das Problem entweder noch nie stellte oder sich im Einzelfall eine einvernehmliche Lösung fand.

Muslimische Vertreter sehen Symbolpolitik

Islamische Religionsgemeinschaften sahen bereits den Gesetzesentwurf der Landesregierung vom vergangenen Jahr kritisch. „Das Gesetz diskriminiert Personen, die aus religiösen Gründen ein bestimmtes Kleidungsstück wie die Kippa oder das Kopftuch tragen. Es wird ihnen unterstellt, in ihrer Amtsübung nicht neutral, unparteiisch oder unabhängig agieren zu können“, kritisiert der Vorsitzende der Schura-Niedersachsen Recep Bilgen gegenüber IslamiQ. Außerdem liege hier eine Verletzung mehrerer Grundrechte wie die Religionsfreiheit oder die Berufsfreiheit vor. Das Verbot von religiösen Kleidungsstücken stelle für Musliminnen ein faktisches Berufsverbot als Richter dar, meint Bilgen weiter.

Der DITIB-Landesverband in Niedersachsen und Bremen sieht in dem Gesetzesentwurf eine „Symbolpolitik“ und eine „Scheindebatte“ der Landesregierung, die in Zeiten vermehrter Übergriffe auf Frauen mit Kopftuch unangebracht sei. „Fraglich ist, dass derzeit Debatten seitens der CDU in Niedersachsen geführt werden, für die es keinen Anlass gibt, erklärte die Geschäftsführerin Emine Oğuz auf Anfrage von IslamiQ. Probleme aus der Praxis seien derzeit nicht bekannt. Dies führe bei den Muslimen nur zu weiterem Vertrauensverlust in die Politik und weiteren Ausgrenzung von Muslimen in der Gesellschaft. „Die Ängste und Nöte werden nicht ernst genommen, sondern Themen der AfD werden für sich beansprucht“, erklärt Oğuz kritisch. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Vera von Praunheim sagt:
Im Niedersächsischen Landtag wurde mehrheitlich eine Gesetzesänderung beschlossen. Angesichts der wahrnehmbaren Neutralität der Justiz wurden somit Symbole aller Religionen, also auch Islam-Kopftücher, zukunftsweisend verboten. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt im Februar solche Verbote ausdrücklich gebilligt. Diese sind damit verfassungsgemäß und unabhängig von irgendwelchen Korantext-Auslegungen oder islamischen Gesellschaftsmodellen.
13.05.20
17:34
Kritika sagt:
L.S. Hannoveraner Landtag: Landtag, Glückwunsch; zur Nachahmung empfohlen. KopftuchTräger suchen Streit. diese haben in der Deutschen Öffentlichkeit nichts zu suchen. Der Landtag hat gesprochen, Causa finito.! Gruss, Kritika
13.05.20
19:06
Dilaver Çelik sagt:
Solche Verbieter sind schuld, dass wir von Corona heimgesucht werden. Manche lernen nicht aus der Corona-Krise. Ich frage mich, was uns noch alles heimsuchen muss, damit auch die letzten Deppen begreifen: Sowas verbietet man nicht. Sonst dürfen wir uns nicht wundern, dass wir von Unheil heimgesucht werden. Göttliche Gerechtigkeit nennt sich das. (Und Gott weiß es natürlich am besten.) Möge Gott uns helfen.
13.05.20
22:34
Johannes Disch sagt:
Diese Gesetzesänderung ist richtig und setzt einfacch nur ein kürzlich gefallenes Gerichtsurteil um, das das Tragen des Kopftuchs für Referendarinnen bei bestimmten Tätigkeiten untersagt. Es ist zwar ein Eingriff in die Religionsfreiheit. Aber ein gerechtfertigter. Die Funktionsfähigkeit des Rechtswesens und die Verpflichtung des Staates zum zweifelsfrei gewährleisteter religiöser Neutralität rechtfertigen dieses Gesetz.
14.05.20
11:33
Johannes Disch sagt:
@Dilaver (13.05.2020, 22:34) Meine Güte, was soll denn das Corona-Virus mit Gerichtsurteilen über das Kopftuch zu tun haben??? Das Virus als göttliche Strafe zu betrachten, das ist geradezu mittelalterlich. Auch damals glaubte man, der "Schwarze Tod"-- also die Pest-- wäre eine Strafe Gottes. Mittlerweile sind wir aber im 21. Jahrhundert angekommen und solche Dinge lassen sich rational naturwissenschaftlich erklären. Dazu braucht es keine Metaphysik.
14.05.20
11:40
IslamFrei sagt:
Liebe Leser, und auch D. Celik, er schreibt: - - (Kopftuch ) - Verbieter sind Schuld, dass wir von Corona heimgesucht werden - - - - " Möge Gott uns helfen " ---------- "Manche lernen nicht aus - - - sagt Dieliver - Da hat 'er Recht. → Hat Allah jemals ein Mensch zB ein elend Ertrinkender Muslim im Mittelmeer geholfen? → Hat Allah jemals gläubige Mulims gegen ein Amokläufer z.B. den in Christchurch geschützt? → Hat Allah jemals eine KopftuchFrau gegen ihren KopftuchAbzieher geholfen ? Islamiq.de hätte so laut gejubelt, dass Sie und ich davon wach geworden wären. Lleider hat Islamiq noch nie über ein "Allah hilft " Ereignis etwas zu jubeln gehabt. Der Grund liegt klar auf der Hand. Weil Allah nicht gibt, Er ist nur ein Wunschträum, mehr nicht. Sueños sueños son sagen die Spanier. In diesem Simnne wünsche ich Ihnen, Diliaver, und die weiteren gegen aller Vernunft gläubigen Muslims Träumen Sie wohl; durchschauen sie einmal Islam, Allah, Koran und wachen Sie ernüchtert aber in der Realität wieder auf. Welcome in der realen Wirklichkeit. Gruss, IslamFrei
14.05.20
23:59
Dilaver Çelik sagt:
Niemand hat das Recht, den Glauben der Menschen zu beleidigen, indem er es als "mittelalterlich" abwertet. Niemand hat das Recht, den Glauben der Menschen zu verspotten oder zu verunglimpfen. Tut er es dennoch, hat das für ihn ein juristisches Nachspiel. So einfach ist das. So lange in diesem Land... ...Kopftücher verboten werden, ...Frauen mit Kopftuch angegriffen werden, ...Moscheen angegriffen werden, ...Öffentliche Muezzinrufe medial abgewertet und beleidigt werden, ...Religionsfeindlichkeit geduldet wird, ...Ausschweifungen an der Tagesordnung sind, ...usw. usf. So lange dürfen wir uns auch nicht wundern, dass wir von Unheil wie Corona heimgesucht werden. Was muss uns alles noch heimsuchen, damit das alles unterbunden wird und ein Ende hat? Ja, Corona ist eine göttliche Machtdemonstration, die Menschen dazu zwingt, gewisse Dinge zu unterlassen, die sie sonst nicht unterlassen würden. Es lehrt die Menschen, dass Gottes Macht über allem steht. Es lehrt die Menschen, demütig gegenüber dieser Macht zu sein. Aber manche Menschen weigern sich, aus der Corona-Krise zu lernen und zu begreifen, dass gewisse Dinge nicht gemacht werden dürfen. Die Selbstherrlichkeit solcher Menschen kennt keine Grenzen, was einfach nur ungeheuerlich ist. Wer aus der Corona-Krise nicht lernt, der möge an Corona sterben.
15.05.20
15:24
Dilaver Çelik sagt:
Übrigens: Eine Pandemie als Strafe oder Prüfung Gottes und die naturwissenschaftliche Erklärung einer Pandemie schließen sich keinesfalls aus. Das sind lediglich unterschiedliche Metaebenen. (Und Gott weiß es am besten - wird gesagt, um sich nicht anzumaßen, für Gott zu sprechen.)
16.05.20
23:51
Johannes Disch sagt:
@Dilaver Die naturwissenschaftliche Erklärung einer Pandemie lässt sich beweisen. Die metaphysische hingegen nicht. Deshalb sind diese beiden Ebenen keineswegs gleichwertig.
19.05.20
9:30
Joohannes Disch sagt:
@Dilaver (15.05.2020, 15:24) -- Niemand hat das Recht, den Glauben der Menschen zu beleidigen, indem er es als mittelalterlich abwertet." (Dilaver) Es darf zwar niemand wegen seines Glaubens diskriminiert werden. Aber Religion darf man auf die Schippe nehmen. Und es geht ja nicht um "Den Glauben" schlechthin, sondern um die Vorstellung, eine Seuche wäre von Gott gesandt. Diese Vorstellung ist schlicht und einfach vorsintflutlich.
19.05.20
11:38
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