„Auch kein Wasser?!“, „Was, bis zum Abend?!“, „Ist das denn nicht ungesund?!“ Fragen, die Muslime im Ramadan oft zu hören bekommen. Wenn sie von Politikern kommen, sind sie besonders bedenklich, meint Lütfiye Turhan.
Muslime feiern momentan den Monat Ramadan, den sie als „König der elf Monate“ bezeichnen. Jedes Jahr freuen sie sich darauf und sehnen sich nach ihm, wenn er vorbei ist. Im Ramadan tanken sie spirituelle Kraft, sie treffen sich virtuell oder vor Ort und nehmen sich die Zeit sich selbst, ihre Taten und ihr Umfeld auf eine andere Art und Weise wahrzunehmen. Ramadan ist für Muslime wunderschön und wird es bleiben!
Doch manchmal hat man das Gefühl, dass Muslimen diese Zeit nicht gegönnt wird. Alljährlich bereiten sie sich auf die Fragen und Vorwürfe vor – und machen sich inzwischen auch einen Spaß draus: „Auch kein Wasser?!“, „Was, bis zum Abend?!“, „Ist das denn nicht ungesund?!“. Auch wenn viele nur aus Interesse fragen und Muslime mit Respekt begegnen, es gibt auch solche, die das eben nicht tun und tatsächlich beschuldigende Worte von sich geben. Und noch mehr tut es weh, wenn diese Worte von Politikern kommen.
Es gab so viele Erklärungsversuche, doch wenn diese Erklärungen jährlich erforderlich werden, fragt man sich, ob man denn wirklich verstehen möchte oder darauf hofft, dass Muslime sich aufs Neue versuchen, rechtzufertigen (was sie und wir nicht müssen!) oder aufgeben?
Abgesehen davon, dass Kinder nicht verpflichtend sind zu fasten und sicherlich die wenigsten ihre Kinder zum Fasten zwingen, warnt und droht (!) Frau Kühne-Hörmann davor, sich strafbar zu machen. Frau Giffey betonte 2019, wie wichtig es ist, dass die Kinder gesund sind und bleiben. Weil sie sicherlich die einzige ist, die sich um die Gesundheit der Kinder sorgt.
Hinzu kommen Worte, die absolut nicht authentisch wirken. Zu diesen Aussagen gehört die, dass „das Lernen in der Schule“ vorgeht. Liebe Frau Giffey, liebe alle, die derselben Argumentation folgen: Waren Sie jemals ein Kind mit ausländischen Wurzeln? Mussten Sie jemals mehr als 100% geben, um mindestens dieselbe Note zu haben wie der Sitznachbar, der „deutscher“ war als Sie? Wurde Ihnen jemals während Ihres Praktikums an einer Schule sinngemäß gesagt, dass Sie mit Ihrem Aussehen bzw. Ihrem Kleidungsstil das Bild der Schule kaputt machen? Sagte Ihnen jemals ein Schulleiter sinngemäß, dass Sie Ihren Personalausweis an die Stirn kleben müssten, um als Deutsch angesehen zu werden?
Wie oft mussten Sie Steine, die Ihnen auf den Weg gelegt worden sind, aufräumen? Sind die vier Wochen, in denen die Kinder und Jugendlichen intensiver ihre Religion ausüben möchten, Barrieren zum Lernen? Oder sind es nicht vielmehr andere Probleme, die wir leider noch immer an den Schulen haben, die behoben werden müssen, um Kindern und Jugendlichen den Spaß und die Motivation am Lernen wieder zu geben bzw. zu stärken? Wie oft mussten Sie sich für einen Ihrer Feiertage fast schon rechtfertigen? Wie oft haben Sie sich auf die Vorwürfe vorbereiten müssen, um diese nicht persönlich zu nehmen? Muslime möchten das auch nicht mehr tun müssen.
Gerade die Zeit der Pandemie lehrt uns, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und einander zu respektieren. Bitte gönnen Sie Muslimen, Ramadan zu genießen.
Danke an alle Politikerinnen und Politikern, Lehrerinnen und Lehrern, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarinnen und Nachbarn und allen anderen Mitmenschen, die den Fastenmonat Ramadan respektieren, Muslimen gratulieren und Toleranz zeigen. Danke, dass es Sie gibt!