Vertreter der politischen Opposition, verschiedener Verbände und Organisationen und muslimischer Religionsgemeinschaften haben den Kompromiss zwischen CDU und SPD für die doppelte Staatsbürgerschaft und Abschaffung des sogenannten Optionsmodells kritisiert.
Der Kompromiss zur doppelten Staatsbürgerschaft wird von der Opposition, Verbänden und muslimischen Religionsgemeinschaften kritisiert. Die Einigung bedeute eine Verlängerung der Optionspflicht, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, am Freitag in Berlin. Zudem stelle der Kompromiss ein „schikanöses Bürokratiemonster“ dar. Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dağdelen, sprach von einem „faulen Kompromiss“.
Union und SPD hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, die sogenannte Optionspflicht für Kinder aus Zuwandererfamilien abzuschaffen, die bis zu ihrem 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben oder hier sechs Jahre die Schule besucht haben. Alternativ reicht auch das Zeugnis über einen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung. In Deutschland geborene Zuwandererkinder, die diese Bedingungen nicht erfüllen, müssen sich weiterhin für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden.
Nur ein kleiner Fortschritt
Der Vorsitzende für den Islamrat für die Bundesrepublik, Ali Kızılkaya, erklärte, es sei begrüßenswert, dass es überhaupt zu einer Lösung gekommen sei. Allerdings sei es „bedauerlich, dass es keinen Automatismus gibt, und das noch einige Hürden für den Erwerb der doppelten Staatsbürgerschaft vorhanden sind.“ Der vorgelegte Entwurf sei daher nur „ein kleiner Fortschritt.“ Er löse nicht die Probleme der Jugendlichen, erleichtere aber bei vielen die „Kultur und den Lebensmittelpunkt miteinander zu verbinden“.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland zeigte sich „grundsätzlich zufrieden“ mit dem Kompromiss. Zugleich mahnte dessen Vorsitzender Aiman Mazyek Nachbesserungen an. Ein großer Teil der Migranten sei nicht erfasst.
Özoğuz: „Tolles Signal“
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bezeichnete die Einigung gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Freitag) als „unbefriedigend“. Es bleibe bei einem „integrationsfeindlichen Bürokratiemonster“. Die Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Christine Langenfeld, beurteilte die Lösung der großen Koalition als „kompliziert und halbherzig“.
Dagegen sprach die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), im Deutschlandfunk von einem „tollen Signal“ für Menschen aus Zuwandererfamilien. Mindestens 90 Prozent derjenigen, die sich bisher bis zu ihrem 23. Lebensjahr für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden mussten, bräuchten dies nun nicht mehr. Auch SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi verteidigte den von Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ausgehandelten Kompromiss als hervorragend. Er bedeute den Einstieg in ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht, betonte sie im Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung (Samstag).
Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl (CDU) betonte, die Einigung beim Doppelpass trage die Handschrift der Union. Die Optionspflicht bleibe grundsätzlich erhalten, sagte er der Welt (Freitag). Sie entfalle lediglich bei Erfüllung angemessener integrationspolitischer Voraussetzungen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU) forderte unterdessen Änderungen. Derjenige, der die doppelte Staatsbürgerschaft haben wolle, müsse sich aktiv darum kümmern. (KNA/iQ)