Vor zehn Jahren beschloss Baden-Württemberg als Erstes von acht Bundesländern ein Kopftuchverbotsgesetz. Die Verbote diskriminieren heute alle Musliminnen. Es fehlt der politischer Wille dies zu ändern.
Am 1. April 2004 beschloss der baden-württembergische Landtag mit den Stimmen fast aller Fraktionen das erste und immer noch bestehende Kopftuchverbotsgesetz in Deutschland. Einzig die Grünen im Landtag stimmten gegen das Verbot. Vorausgegangen war ein juristischer Streit um das Kopftuch, dass bis vor das Bundesverfassungsgericht kam. Am Ende wollte man der klagenden Lehrerin Fereshta Ludin nicht zugestehen, dass sie mit Kopftuch an einer staatlichen Schule unterrichtet.
Auch zehn Jahre später ist das Kopftuchverbot weiterhin ein heiß diskutiertes Thema. Denn dem ersten Verbot folgten viele Weitere in zahlreichen Bundesländern. Und obwohl in dieser Zeit zahlreiche Studien belegten, dass das staatliche Kopftuchverbot auch Auswirkungen auf die Behandlung von Musliminnen im Alltag hat, wurden die Verbote nicht aufgehoben. Diskriminierung von Musliminnen aufgrund des Kopftuchs bei der Arbeit, auf der Straße oder in der Schule gehören daher heute mehr zum Alltag denn je.
Politischer Wille fehlt
An diesem Umstand könnte die Politik etwas ändern, doch sie tut sich schwer mit dem Thema. Der damalige Oppositionspolitiker der Grünen und einst entschiedener Kopftuchverbotsgegner, Winfried Kretschmann, ist heute Landesvater von Baden-Württemberg. Heute allerdings macht man keine Anstalten, das Kopftuchverbot wieder abzuschaffen. Es fehlt am politischen Willen, denn eine Mehrheit für eine Aufhebung wäre im Landtag vorhanden.
Die Politik in den betroffenen Bundesländern, in denen solche Mehrheiten existieren, weist auf seit Jahren ausstehende Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht hin. Man überträgt die Verantwortung auf das Bundesverfassungsgericht. Lehrerinnen aus Nordrhein-Westfalen haben gegen ihre Kündigungen und Abmahnungen wegen des Kopftuchverbots geklagt. Die Fälle sollen noch in diesem Jahr behandelt werden. Also wartet man das Ergebnis dieser Verfahren ab.
Gut qualifizierte Kräfte gehen verloren
Das Ganze geht auf die Lehrerin Fereshta Ludin zurück. Sie hat nach dem Prozess damals keine Anstellung in staatlichem Betrieb gefunden. Stattdessen arbeitet sie an einer privaten muslimischen Berliner Grundschule. Dieses Glück haben nur die wenigsten Diskriminierten. Viele gut ausgebildete Musliminnen finden weiterhin keinen Job und dies nicht nur im staatlichen Bereich.
In nahezu allen Jobs, zeigen Studien, sind Musliminnen mit Kopftuch unerwünscht bei vielen Personalern. Sie dürfen zwar laut Allgemeinem Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG) niemanden diskriminieren, doch es werden Gründe vorgeschoben. Die Diskriminierung ist, so zeigt es auch ein Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, oftmals einfach nicht beweisbar vor Gericht. Dadurch entgehen Deutschland Chancen und viele gut qualifizierte Kräfte.