Berlin

Rechtsextreme Anschläge: Polizei legt Bericht vor

Eineinhalb Jahre dauerte es nun, die gesamte Anschlagsserie noch einmal aufzurollen. Besonders Grüne und Linke hatten zuletzt ungeduldig den bereits angekündigten Bericht dazu eingefordert.

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09
2020
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Dokumentationsstelle für Rechtsextremismus
Symbolbild: Rechtsextremismus © by Davidlohr Bueso auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Der lange erwartete Abschlussbericht der Ermittlergruppe „Fokus“ zu rechtsextremen Anschlägen in Neukölln ist nun fertig und wird am 28. September im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses vorgestellt. Das bestätigte die Polizei am Montag. Weil die Berliner Polizei trotz jahrelanger Ermittlungen keine Täter fassen konnte, wurde die anfangs 30-köpfigen Gruppe zusätzlich eingesetzt.

Neuigkeiten aus dem Bericht sind bisher nicht durchgesickert. Bekannt ist nur, dass gegen einen der Rechtsextremisten, die wegen den Anschlägen unter Verdacht stehen, nun auch wegen Betrugs beim Bezug von Corona-Unterstützung ermittelt wird. Offenbar stießen die Kripo-Ermittler bei ihren Untersuchungen auf entsprechende Unstimmigkeiten und sorgten für Durchsuchungen. Dabei fanden sie Bargeld in Höhe der mutmaßlichen Schadenssumme, die laut einem Zeitungsbericht 5000 Euro betragen soll.

Ob sich der Verdacht wegen der Anschläge erhärten ließ, ist bisher nicht klar. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte die Ermittlergruppe, eine sogenannte Besondere Aufbauorganisation (BAO), im Frühjahr 2019 einrichten lassen. Sie sollte alle Fälle der Anschlagsserie noch einmal aufrollen.

Opfer wurden von Behörden nicht gewarnt

Vor allem zwischen 2016 und 2018 gab es in Neukölln Anschläge und Drohungen mit Hakenkreuzen gegen linke Initiativen und deren Mitglieder. Es geht um mindestens 72 Taten, darunter 23 Brandstiftungen. Die Polizei verdächtigt drei Männer aus der rechtsextremen Szene, von denen einer ein Lokalpolitiker der AfD war. Sie kann ihnen aber bislang nichts nachweisen. Geisel sagte erst kürzlich: „Es gibt klare Vermutungen, wer die Verantwortlichen für diese Taten sind.“

Er räumte auch ein, dass es Versäumnisse und Pannen bei der Aufklärung gab. So wurden Opfer der Anschläge nicht gewarnt, obwohl Verfassungsschutz und Polizei wussten, dass sie von den verdächtigen Neonazis ausgespäht wurden.

Beziehung zwischen Behörden und Rechtsextremen

Nach der Vorstellung des Polizeiberichts sollen externe Sonderermittler die jahrelangen Ermittlungsverfahren von außen beleuchten. Geisel will deren Namen im Herbst bekanntgeben. Diese sollen unter anderem klären, ob die Polizei Fehler machte und ob es Beziehungen zwischen der rechtsextremen Szene und einzelnen Polizisten gibt.

Anfang August hatte die Generalstaatsanwaltschaft sämtliche Ermittlungen zu den Anschlägen übernommen. Zwei Staatsanwälte, die bisher mit den Fällen befasst gewesen seien, wurden in andere Abteilungen umgesetzt. In einem von Polizei 2017 mitgeschnittenen Chat hatten sich zwei Rechtsextremisten positiv über die politische Einstellung eines Staatsanwalts geäußert. Dieser Vermerk in den Akten, der zumindest zu einem Vorwurf der Befangenheit hätte führen können, wurde bei den Ermittlungen nie thematisiert, was später für Kritik sorgte.

Nach einem Brandanschlag 2018 auf das Auto eines Neuköllner Linke-Politikers hatte die Polizei Wohnungen von zwei der Verdächtigen durchsucht, Handys und Computer beschlagnahmt und ausgewertet und dabei auch eine Liste mit mehr als 500 Namen politischer Gegner und Feinde aus den Jahren vor 2013 gefunden. (dpa, iQ)