Bundespräsident Steinmeier trifft sich mit den Hinterbliebenen der Todesopfer des Anschlags in Hanau. Der Anschlag werde nicht vergessen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Hinterbliebenen der neun Todesopfer des Anschlags in Hanau dauerhaften Beistand versprochen. „Wir vergessen nicht. Wir dürfen nicht vergessen, und wir werden nicht vergessen“, sagte Steinmeier am Mittwoch bei einem Treffen mit den Hinterbliebenen im Schloss Bellevue. Doch der rassistische Terror sei nicht aus heiterem Himmel gekommen. „Es gibt Rassismus in unserem Land, es gibt Muslimfeindlichkeit und es gibt Antisemitismus.“
Der Täter sei von einer kalten und blinden Logik des Rassismus und menschenverachtender Ideologie getrieben worden, so Steinmeier. „Wer Menschen aufgrund irgendwelcher Merkmale in Gruppen zwingt und abwertet; wer sie auf ihre Herkunft, ihren Glauben, ihr Geschlecht oder ihre Lebensanschauung reduziert; wer ihnen ihre Einzigartigkeit nimmt, der stellt sich gegen das Lebensprinzip unserer Demokratie.“ Jeder müsse seine Stimme erheben und solidarisch sein, wann immer die Menschenwürde verletzt werde. Und jeder sei aufgerufen, wachsam zu sein, wenn jemand Verschwörungsmythen verfalle.
Auch sieben Monate nach der Tat sei der Schmerz weiter da. „Manche von Ihnen können bis heute nicht fassen, was geschehen ist. Oder sie wollen es nicht wahrhaben, weil der Schmerz so unbeschreiblich groß ist.“ Jeder Schritt im Alltag sei schwer und noch schwerer falle es, in die Zukunft zu schauen. Die Covid-19-Pandemie habe die Trauer noch erschwert, da Treffen ausfielen und mehr Einsamkeit herrschte. Aber auch da die Sorge aufkam, die Morde würden über die Pandemie hinweg in Vergessenheit geraten.
„Ich weiß, wir wissen, dass manchen von Ihnen die Reise nach Berlin nicht leicht gefallen ist. Dass Sie dennoch gekommen sind, ehrt uns“, sagte Bundespräsident Steinmeier mit Blick auf Kritik der Angehörigen an der Aufarbeitung der Tat. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Opferbeauftragte Edgar Franke (SPD) nahmen an dem Treffen teil.
Vor dem Treffen der Angehörigen der Opfer mit Bundespräsident Steinmeier hat Hanaus Oberbürgermeister eine lückenlose Aufklärung gefordert. Das sei für die Hinterbliebenen und die gesamte Stadtgesellschaft wichtig, sagte Claus Kaminsky (SPD) mit Blick auf Innenminister Horst Seehofer (CSU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). „Der Abschlussbericht des Bundeskriminalamts muss jetzt auf den Tisch.“
Kaminsky sagte dem RND weiter: „Die Familien müssen wissen: Wurden Fehler gemacht, hätte der Anschlag verhindert werden können Darüber müssen die Ermittlungsbehörden informieren. Wenn es Fehler gab, müssen sie eingestanden werden, nur so ist Trauerarbeit möglich.“ Das beginne mit der Frage, warum der Täter legal habe Waffen besitzen dürfen, obwohl er seinen Verfolgungswahn und seinen Rassismus bereits Monate zuvor in Anzeigeschreiben an die Staatsanwaltschaft Hanau und die Bundesanwaltschaft öffentlich gemacht habe. „Es geht weiter mit dem Tatgeschehen am 19. Februar selbst. Ich bin gespannt, was Bundesinnenminister Horst Seehofer dazu sagen kann“, betonte Kaminsky. (KNA, dpa, iQ)