Der Gebetsruf an einer Moschee in Oer-Erkenschwick darf nach einem Gerichtsentscheid freitags weiter öffentlich vollzogen werden.
Die Moschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) darf in Oer-Erkenschwick wieder über einen Lautsprecher zum Gebet rufen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen wies am Mittwoch nach einem jahrelangen Streit eine Beschwerde gegen den von der Stadt im nördlichen Ruhrgebiet genehmigten Gebetsruf ab.
Anwohner hatten 2015 gegen die Ausnahmegenehmigung geklagt. Diese hatte der Gemeinde erlaubt, immer freitags zwischen 12.00 und 14.00 Uhr für höchstens 15 Minuten per Lautsprecher die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Seit fünf Jahren unterblieb nach der Klage dieser Ruf. Die Anwohner, ein Ehepaar mit einem etwa 900 Meter entfernten Grundstück, sahen sich durch den Ruf in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt.
Diese Ansicht teilte der 8. Senat des OVG nicht. „Jede Gesellschaft muss akzeptieren, dass man mitbekommt, das andere ihren Glauben ausleben“, sagte die vorsitzende Richterin Annette Kleinschnittger in der mündlichen Verhandlung. Solange niemand zur Religionsausübung gezwungen werde, sei alles in Ordnung. Eine „erhebliche Belästigung“ durch den Ruf sieht das OVG beim Kläger nicht. Ein Gutachter hatte bei einem Grenzwert von 55 Dezibel in direkter Nachbarschaft der Moschee 28 Dezibel auf dem Grundstück der Kläger errechnet.
Nach Auffassung des Gerichts hatte die Stadt bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung zwar durchaus Fehler bei der Berechnung des Grenzwertes gemacht. „Wir kommen aber nicht dazu, dass der Bescheid nicht rechtmäßig ist“, sagte Kleinschnittger in der Urteilsbegründung. Allerdings seien die Genehmigung und die spätere Einhaltung der Grenzwerte zwei paar Schuhe, betonte das OVG in Münster. Die Vorsitzende Richterin forderte die DITIB in der mündlichen Verhandlung auf, in Zukunft sicherzustellen, dass der Grenzwert eingehalten werde.
„Das Geräusch ist am Haus der Kläger wahrnehmbar, da haben wir keine Zweifel“, sagte das OVG. Das Geräusch sei aber so leise, dass die Schwelle zu einer erheblichen Belästigung nicht überschritten werde.
Die Religionsfreiheit habe bei der Bewertung für die Entscheidung auch eine Rolle gespielt. Der Senat habe den Eindruck gewonnen, dass es nicht um den objektiven Klang des Gebetsrufs ging, „sondern um die Assoziationen, die Sie beim Hören haben“, sagte Kleinschnittger in Richtung des Klägers.
Der Ruf würde aber niemanden unausweichlich dazu zwingen, an der Veranstaltung in der Moschee teilzunehmen. „Wer von uns Antworten auf die Fragen erwartet hat, ob ein Muezzin in Deutschland rufen darf und in welcher Lautstärke, den muss ich enttäuschen“, sagte Kleinschnittger. Der Klärung dieser Fragen habe es nicht bedurft, weil es um einen konkreten Einzelfall gegangen sei. Das OVG ließ keine Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich. (dpa, iQ)