EKiR

Stille Feiertage auch für Muslime?

Die Evangelische Kirche im Rheinland regt auch für Muslime und Juden „stille Feiertage“ an. Ob Muslime diesen Schutz überhaupt brauchen, ist zu hinterfragen. Viel wichtiger scheint die Gleichstellung von religiösen Feiertagen mit gesetzlichen Feiertagen zu sein.

17
04
2014
0

Kurz nach seiner Gründung im Jahr 2007 musste der Koordinationsrat der Muslime (KRM) bitter lernen, was „stille Feiertage“ sind. An diesen Tagen, wie dem Karfreitag, sind unter anderem Sport- und Tanzveranstaltungen verboten. Eine von allen vier Religionsgemeinschaften im KRM getragene Gedenkveranstaltung für den Propheten Muhammad (s) musste verschoben werden, weil man irrtümlicherweise den Karfreitag für die Veranstaltung gewählt hatte.

Verschiedene Kirchen hatten sich über die Auswahl des Termins beim Koordinationsrat vorab beschwert. Dieser wollte keine religiösen Gefühle verletzen und verschob, unter Inkaufnahme einer Vertragsstrafe, die Veranstaltung um ein paar Tage.

Nun regt die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) stille Feiertage auch für Muslime und Juden an. Das muslimische Opferfest oder das jüdische Fest Jom Kippur bräuchten denselben Schutz wie der christliche Karfreitag, sagte EKiR-Vizepräses Christoph Pistorius der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Ich bin überzeugt, dass es für bestimmte Feiertage Rahmenbedingungen braucht, konkret für die stillen Feiertage“, sagte Pistorius.

Brauchen Muslime diesen Schutz?

Grundsätzlich sei er offen für eine Debatte, welche Tage einen solchen Schutz brauchten. So werde auch niemand Erfolg haben, „der in der Silvesternacht um halb eins die Polizei ruft, weil es kracht“. Das sei auch richtig, „weil es da offensichtlich ein gesellschaftliches Bedürfnis für die Feier gibt. Mindestens die gleiche Toleranz erwarte ich dann auch im Umgang mit dem Rahmen für religiöse Feiertage“, so der evangelische Theologe.

Ob muslimische Feste diesen Schutz überhaupt brauchen, ist zu hinterfragen. Stille Feiertage kennt der Islam nicht. Die beiden hohen Feste, das Ramadanfest und das Opferfest, sind Tage des Feierns und nicht des stillen Gedenkens. Die Moscheen sind an diesen Tagen bereits am frühen Morgen voll. Während des Tages werden Verwandte besucht, Kinder amüsieren sich und spielen. Besonders in Europa hat sich zudem die Kultur des Feierns in Festsälen etabliert. Ein stiller Feiertag würde den feierlichen Kern der muslimischen Feste verkennen.

Was jedoch viele Muslime bewegt ist, dass ihre eigenen Feiertage und Feste bisher nur in Hamburg und Bremen mit den gesetzlichen Feiertagen gleichgestellt wurden. Hintergrund war die Betonung der Festtage in den Staatsverträgen. Muslime in anderen Bundesländern haben keinen gesetzlichen Schutz, um ihre Feiertage bei der Familie verbringen und feiern zu können. Viele Muslime in Deutschland müssen beim Ramadanfest oder Opferfest zur Arbeit.

Auf Feiertage verzichten

Skeptisch gegenüber der Ausweitung der stillen Feiertage zeigten sich auch die NRW-Grünen. Landeschef Sven Lehmann sagte der Zeitung, in einer multireligiösen Gesellschaft könne der Staat nicht an einzelnen Tagen kollektiv Ruhe verordnen. Jeder müsse selbst entscheiden, wann er zur Ruhe kommen wolle. Lehmann fügte jedoch hinzu: „Sollten die christlichen Kirchen auf einen Feiertag zugunsten jüdischer oder muslimischer Feste verzichten, wäre das ein starker Beitrag zur religiösen Vielfalt.“

Tatsächlich gibt es seit einigen Jahren in Deutschland einen Streit um den besonderen Schutz von stillen Feiertagen. Vor allem das Tanzverbot stößt bei jüngeren und nicht-religiösen Gruppen immer wieder auf Protest. Einige Gegner der Verbote organisieren sogar absichtlich und auch auf Strafen abzielend (Tanz-)Veranstaltungen an solchen Feiertagen. Die Kirche hält an den stillen Feiertagen jedoch fest. (KNA/iQ)