In Bayern wurden mehr als 1100 Ermittlungsverfahren wegen Hasskommentaren eingeleitet. Angefeindet wurden vor allem Muslime und Politiker.
Bayerische Behörden haben in den ersten neun Monaten des Jahres mehr als 1100 Ermittlungsverfahren wegen Hass-Postings im Internet eingeleitet. Bis zum 30. September wurden 1118 Verfahren gezählt, wie Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) und der Hate-Speech-Beauftragte Klaus-Dieter Hartleb auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München sagten.
Im überwiegenden Teil – bei rund 80 Prozent – gehe es um rechtsradikale Äußerungen und Volksverhetzung. Angefeindet würden vor allem Politiker, Flüchtlinge oder Muslime. Auch antisemitische Äußerungen seien weit verbreitet. „Hass und Hetze im Internet haben in erschreckendem Ausmaß zugenommen“, sagte Eisenreich. „Aus meiner Sicht ist das eine Gefahr für unsere Demokratie. Hass und Hetze vergiften das gesellschaftliche Klima in unserem Land.“
Die tatsächliche Zahl der strafrechtlich relevanten Beiträge in sozialen Netzwerken dürfte noch um ein Vielfaches höher liegen, aber die Behörden im Freistaat wollen mit dem verstärkten Vorgehen gegen Hate-Speech vor allem ein Zeichen setzen. „Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft wegen Hassbotschaften die Wohnung durchsuchen, hat das eine Wirkung“, sagte Hartleb.
Als Beispiel nannte er Razzien nach Hass-Postings über den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Bereits in zwei Fällen seien die Ermittlungen dazu mit einem Strafbefehl abgeschlossen worden: Das Amtsgericht München verhängte wegen der Äußerung „mal den richtigen erwischt“ einen Strafbefehl von 70 Tagessätzen zu je 50 Euro wegen der Billigung einer Straftat.
„Wer Volksverhetzung betreibt, muss mit Geldstrafen rechnen, Wiederholungstäter auch mit Freiheitsstrafen», betonte Eisenreich. Die Corona-Krise habe den Ermittlern mehr Arbeit beschert, wie viel mehr, sei aber nicht zu beziffern. Eisenreich sprach sich einmal mehr dafür aus, das Beleidigungsstrafrecht zu modernisieren. „Im Kern ist das Beleidigungsstrafrecht 150 Jahre alt“, sagte er. „Die neue Dimension von Beleidigungen in der digitalen Welt und Cybermobbing ist überhaupt nicht richtig erfasst.“ (dpa, iQ)