Im Streit um den islamischen Religionsunterricht in Hessen hat die DITIB einen Teilerfolg erzielt. Nun sind die Gerichte erneut am Zug.
Die islamische Religionsgemeinschaft DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) hat im Rechtsstreit um die Aussetzung des islamischen Religionsunterrichts in Hessen einen Etappenerfolg errungen. Auf die Verfassungsbeschwerde der DITIB-Hessen hob das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss Eilentscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichts Wiesbaden auf. Dem Gericht zufolge verletzt die hessische Landesvertretung das Grundrecht der DITIB auf effektiven Rechtsschutz. Der Fall wurde an das Verwaltungsgericht Wiesbaden zurückverwiesen.
In Hessen gab es seit dem Schuljahr 2013/14 einen sogenannten bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB. Im April 2020 hatte das Kultusministerium diesen Unterricht ab dem neuen Schuljahr ausgesetzt. Als Grund wurden Zweifel an der Eignung der Religionsgemeinschaft als Kooperationspartner genannt. Es sei fraglich, ob die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat vorhanden sei.
Die hessische Landesvertretung der DITIB hatte daraufhin beim Verwaltungsgericht beantragt, das Land Hessen solle vorerst verpflichtet werden, wie bisher in Kooperation mit DITIB islamischen Religionsunterricht an insgesamt 51 Grundschulen und 12 weiterführenden Schulen im Land zu erteilen. Zudem müsse dem Land Hessen untersagt werden, statt dieses bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts staatlichen Islamunterricht zu erteilen. Dies hatte das Land im April 2020 ebenfalls angekündigt.
Die Verwaltungsgerichte lehnten die Anträge als unzulässig ab. Das Bundesverfassungsgericht bemängelte nun jedoch, die Gerichte hätten den grundsätzlichen Antrag mit einer „nicht mehr nachvollziehbaren Auslegung“ für unzulässig erklärt und dem vorläufigen Rechtsschutz so „jede Effektivität genommen“.
Auch die Versagung des gegen staatlichen Islamunterricht gerichteten Antrags von DITIB verletze das Recht der Religionsgemeinschaft auf Rechtsschutz. Denn DITIB gehe es „offensichtlich nicht darum, dass in Hessen Schulunterricht, der den Islam zum Gegenstand hat, ausschließlich in Kooperation mit ihm erfolgen darf, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat“. Vielmehr wende DITIB sich damit „allein gegen die Ersetzung des bisherigen, in Kooperation mit ihm eingerichteten und angebotenen islamischen Religionsunterrichts durch einen in staatlicher Regie durchgeführten Islamunterricht“, so die Karlsruher Richter. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden muss nun neu entscheiden.
„Die Zusammenarbeit der DITIB-Hessen mit dem Land und die schulpraktische Durchführung des islamischen Religionsunterrichts verliefen seit über sieben Jahren beanstandungs- und störungsfrei“, äußert sich die Religionsgemeinschaft in einer Mitteilung. Der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes sei von allen Beteiligten – Schülern, Lehrern und Eltern – stets positiv beschieden worden. Des Weiteren habe der islamischer Religionsunterricht stets das Vertrauen und die breite Unterstützung der beteiligten Universitäten, zivilgesellschaftlichen Akteure und weiterer muslimischer Gemeinschaften genossen, so die DITIB-Hessen in ihrer Erklärung.
„Dass die Vorzüge der Bekenntnisorientierung den SchülerInnen muslimischen Glaubens in Hessen entsagt und vorenthalten werden, ist ein großer und schmerzlicher Verlust. Die darin liegende Beeinträchtigung der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte für die muslimischen BürgerInnen sowie für die Religionsgemeinschaft DITIB-Hessen ist unhaltbar“, so laut Mitteilung. Als Religionsgemeinschaft werde die DITIB-Hessen weiterhin dazu beitragen, die Verwirklichung von verfassungsrechtlich geschützten religiösen und sozialen Grundrechten der Bürger zu bewahren. (KNA, iQ)