Bundesverfassungsgericht

Senatorin legt Beschwerde gegen Kopftuch-Urteil ein

Religiöse Symbole sollen an Schulen tabu sein. Urteile, die das infrage stellen, will die Bildungssenatorin Sandra Scheeres juristisch klären lassen. Grüne und Linke sind skeptisch.

09
02
2021
Lehrerin mit Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Musliminnen © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will gegen das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuch-Verbot offenbar Verfassungsbeschwerde einlegen. Nach übereinstimmenden Medienberichten stellt sie das Vorhaben an diesem Dienstag im Senat vor. Beim Gang nach Karlsruhe gehe es auch darum, inwieweit das Berliner Neutralitätsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht hatte das pauschale Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen, wie es nach dem Neutralitätsgesetz gefordert ist, im vergangenen August in Erfurt für verfassungswidrig erklärt. Das seit 2005 geltende Gesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung auf diesem Gebiet. Sie untersagt bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur dann zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Mit Blick auf das Neutralitätsgesetz ist die Berliner rot-rot-grüne Koalition uneins. So vertritt Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die Auffassung, es sei in der gegenwärtigen Form „nicht zu halten“, und plädiert für eine Reform des Gesetzes. In der Linkspartei sind die Auffassungen dazu kontrovers.

Bundesarbeitsgericht kippt Urteil zum Kopftuch

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte im August 2020 in einem Einzelfall über das Berliner Neutralitätsgesetz entschieden. Eine Muslimin bekam 5.129 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst des Landes Berlin eingestellt wurde.

Denn das Neutralitätsgesetz schreibe vor, dass an öffentlichen Schulen keine sichtbaren religiösen Symbole wie das Kopftuch getragen werden dürfe. Die Erfurter Richter bemängelten: Wenn eine angehende Lehrerin wegen eines Kopftuches nach dem Berliner Gesetz abgelehnt werde, müsse klarer begründet werden, warum das Kopftuch den Schulfrieden störe.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Das ist eine gute Idee von Frau Scheeres. Das Berliner Neutralitätsgesetz gehört nach Karlsruhe, damit endlich Klarheit herrscht.
09.02.21
13:05
Dilaver Çelik sagt:
In einem säkularen Staat muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Frauen mit Kopftuch als Richterinnen, Lehrerinnen und sonstwie im öffentlichen Dienst tätig sein und hoheitliche Aufgaben übernehmen dürfen. Beispiele aus dem Ausland gibt es genug. Das beweist auch, wie vorurteilsbeladen die Deutschen immer noch sind. Armes Deutschland.
09.02.21
15:05