Ein knappes Jahr nach dem Anschlag von Hanau zieht die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen ein ernüchterndes Fazit.
Ein knappes Jahr nach dem Anschlag von Hanau zieht die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen ein ernüchterndes Fazit. „In der Bundesrepublik leiden wir unter einem selektiven Gedächtnis, was Leid von gesamten Menschengruppen anbelangt“, sagte Marianne Ballé Moudoumbou von der Pan African Women’s Empowerment und Liberation Organisation am Dienstag in Berlin.
Immer noch werde nach rassistischen Taten die These vom Einzeltäter verbreitet, obwohl klar sei, dass Rassismus institutionell und strukturell in der Mitte der Gesellschaft vorhanden sei und von dort auch bekämpft werden müsse.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43 Jahre alter Deutscher in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen. Zuvor hatte der Mann Pamphlete und Videos mit Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht. Nach der Tat soll der 43-Jährige auch seine Mutter umgebracht haben, bevor er sich selbst tötete.
Farhad Dilmaghani vom Verein DeutschPlus beschrieb den 89-Punkte-Plan der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Rassismus als ein „Sammelsurium an Maßnahmen“. Zwar handle es sich um teils sehr sinnvolle Einzelmaßnahmen, „aber es ist keine Gesamtstrategie erkennbar“. Es brauche zum Beispiel ein Antidiskriminierungsgesetz mit mehr Klagemöglichkeiten für Betroffene und einem flächendeckenden Netz von Beratungsstellen, außerdem ein Ministerium, das sich federführend um die Gleichstellung von Menschen mit Migrationsgeschichte, um Antidiskriminierung und eine menschenrechtsbasierte Asyl- und Migrationspolitik kümmere.
In der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen vernetzen sich Dutzende Verbände. (dpa/iQ)