Corona führte zu leereren U-Bahnen, ließ das Nachtleben veröden und die Stadt ruhiger werden. Die Kriminalität ging teilweise stark zurück. Übergriffe gegen Minderheiten gab es hingegen trotzdem fast so viele wie zuvor.
Trotz des Corona-Lockdowns und oft leerer Straßen wurden im vergangenen Jahr nur etwas weniger rassistische Angriffe und Bedrohungen gemeldet. Die Opferberatungsstelle Reachout Berlin zählte 357 meist rassistische, islamfeindliche und antisemitische Taten. Im Vorjahr waren es 390, wie Reachout am Dienstag mitteilte. Durch die Taten seien mindestens 493 Menschen verletzt oder massiv bedroht worden, teilte Sabine Seyb von der Beratungsstelle mit. Darunter seien 37 Kinder und 28 Jugendliche gewesen.
Mehr als die Hälfte der Angriffe und Drohungen waren rassistisch motiviert (196). 31 davon richteten sich gegen schwarze Menschen, 20 waren antimuslimisch und 5 galten Sinti und Roma. Die Zahl der antisemitischen Angriffe blieb mit 28 etwa gleich (2019: 31). Auch Rassismus gegen asiatisch aussehende Menschen habe in der Corona-Pandemie eine Rolle gespielt. Außerdem gab es Angriffe auf Obdachlose und politische Gegner. Meistens handelte es sich um Körperverletzungen.
Reachout sammelt die Daten nach eigenen Angaben anhand von Mitteilungen der Polizei, Medienberichten sowie Meldungen von Zeugen und Betroffenen. Hinzu kommen Angaben anderer Initiativen in den Bezirken. Damit werden auch Ereignisse und Taten erfasst, die nicht bei der Polizei angezeigt wurden. Entscheidend für die Erfassung ist die Wahrnehmung des Opfers und nicht die juristische Einordnung als Gewaltdelikt.
Die meisten Angriffe und Bedrohungen gab es im Bezirk Mitte (60) mit den Stadtteilen Mitte, Wedding und Tiergarten. In Friedrichshain-Kreuzberg dokumentierte die Opferberatungsstelle 52 Taten, in Neukölln 34. Häufigste Tatorte waren öffentliche Straßen und Plätze (155). An Haltestellen, Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln geschahen 78 Delikte. Übergriffe meldeten Opfer aber auch aus der Nachbarschaft ihrer Wohnung oder von Orten wie Kneipen und Supermärkten. (dpa/iQ)