Hessen

NSU 2.0: Weitere rechtsextreme Drohschreiben verschickt

Wer hinter der Drohmailserie mit dem Absender „NSU 2.0“ steckt, ist auch nach über zwei Jahren völlig offen. Für die Landtagsopposition ist das blamabel.

18
03
2021
Drohschreiben mit NSU 2.0 verschickt, Göttingen
Drohschreiben mit NSU 2.0 verschickt, Göttingen

Die Zahl der rechtsextremen Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“ nimmt weiter zu. Innenminister Peter Beuth (CDU) berichtete am Donnerstag im hessischen Landtag in Wiesbaden von mittlerweile insgesamt 133 verschickten Drohschreiben. Dabei würden die Ermittler 115 dieser Schreiben dem Tatkomplex „NSU 2.0“ zurechnen.

18 Schreiben seien mutmaßlich von Trittbrettfahrern verfasst und versendet worden. Empfänger seien überwiegend Personen des öffentlichen Lebens gewesen, vor allem aus der Politik und der Medienwelt.

Die 115 Schreiben hätten sich an 32 Personen und 60 Institutionen in insgesamt 9 Bundesländern und in Österreich gerichtet, sagte der Innenminister. Davon wohnten neun Personen in Hessen, von denen fünf durch das Gefährdungsmanagement des Landeskriminalamts (LKA) individuell betreut werden. Bei den anderen vier Personen handele es sich um Mitglieder von hessischen Justiz- und Sicherheitsbehörden.

Keine Hinweise auf polizeiliche Datenbank

In den 115 Drohschreiben des Tatkomplexes „NSU 2.0“ seien eine Vielzahl personenbezogener Daten zu mehr als 20 der betroffenen Personen enthalten, berichtete der CDU-Politiker. Bei diesen Daten lägen derzeit keine Hinweise vor, dass sie aus polizeilichen Datenbanken stammen. Über die drei festgestellten Abfragen von hessischen Polizeicomputern hinaus, die durch die zeitliche Nähe zu Drohmails mit diesen in Verbindung stehen könnten, seien in diesem Zusammenhang im Land keine weiteren Datenabfragen bei der hessischen Polizei bekannt geworden. Die Ermittlungen richten sich gegen „Unbekannt“ und würden in alle Richtungen geführt.

Der Innenminister sprach von „widerwärtigen Bedrohungen und dem feigen Versuch, Personen des öffentlichen Lebens einzuschüchtern“. Das verurteile er zutiefst. Der Schutz und die Begleitung der Betroffenen seien neben der konsequenten Ermittlung und Aufklärung der Bedrohungen das oberste Ziel aller Bemühungen.

Anwältin Başay-Yıldız erhält NSU 2.0-Drohbriefe

Beuth versicherte in seiner Rede im Landtag, dass er die Situation der Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız verstehe. Für ihren gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen, die Experten des LKA ihr empfohlen hatten, gebe es keine Rechtsgrundlage. Er werde aber prüfen lassen, ob die Kosten auf einem anderen Weg übernommen werden können, kündigte der Innenminister an.

Başay-Yıldız hatte vor über zwei Jahren das erste Drohschreiben der Serie rechtsextremer Mails mit „NSU 2.0“-Unterschriften erhalten. Die Rechtsanwältin war Nebenklägerin im früheren Prozess um die Morde der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU. Vor wenigen Tagen war ihr erneut ein Drohschreiben geschickt worden. Dass die Rechnung in Höhe von mehr als 5000 Euro für die sicherheitstechnischen Maßnahmen nicht vom Land übernommen wurde, kritisierte sie massiv.

Opposition kritisiert Ermittlungen zu NSU 2.0

Die Opposition im hessischen Landtag attackierte den Innenminister scharf. Es sei beschämend und blamabel, dass nach über zwei Jahren noch immer keine Ermittlungsergebnisse zu den rechtsextremen Drohschreiben vorlägen, kritisierten Abgeordnete von SPD, Linken und FDP. Ohne Druck der Opposition gebe es keine ausreichende Unterrichtung durch den Innenminister. Der CDU-Politiker wurde nachdrücklich aufgefordert, dass das Land die entstandenen Kosten für die Anwältin zu ihrem Schutz übernimmt. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Mentalität der Landesregierung: Interessiert uns nicht, Betrifft uns nicht, keine Zeit !
18.03.21
19:09