Schweiz

Weiterbildung für Imame und muslimische Betreuer geplant

In Zürich startet eine Weiterbildung speziell für muslimische Betreuer und Imame. 2022 beginnt soll der erste Ausbildungslehrgang starten.

02
05
2021
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Imame, Imamausbildung, Weiterbildung
Symbolbild Imamausbildung © shutterstock, bearbeitet by iQ.

In der Schweiz will der Kanton Zürich muslimisches Personal weiterbilden. Demnach soll ein erster vertiefte Lehrgang für Imame und muslimische Betreuer stattfinden. Zusammen mit der Universität Freiburg und dem Dachverband islamischer Organisationen entwickelt die Direktion der Justiz und des Innern einen Lehrgang für muslimische Schlüsselpersonen.

Rund ein Viertel der in der Schweiz lebenden Muslime sind wohnhaft im Kanton Zürich. Viele von ihnen engagieren sich in Moscheen und Gemeinden, leiten etwa Jugendgruppen oder geben Nachhilfeunterricht. Für Jacqueline Fehr, Direktorin der Justiz und des Innern, werde Symbolpolitik dort abgelehnt, wo viele Muslime leben und es zu häufigen Begegnungen im Alltag komme. „Sie leben hier, sie arbeiten hier, sie engagieren sich in Vereinen, und sie zahlen Steuern“, wird Fehr in den Medien zitiert. 2022 soll der erste Ausbildungslehrgang starten.

Projekt komme Ausbildungswunsch von Muslimen nach

Mit dem Ausbildungs- und Weiterbildungsprojekt „Zürich-Kompetenz“ wolle die Direktion der Justiz und des Innern nun die „verbindliche Zusammenarbeit“ mit der größten nicht anerkannten Religionsgemeinschaft stärken, so Fehr. Unter Muslimen bestehe ein Bedürfnis nach Weiterbildungen. Das habe Medienberichten zufolge eine Studie des Kantons Zürich vor zwei Jahren ergeben. Mit dem Pionierprojekt werde laut Fehr dem Ausbildungswunsch entsprochen. Zusammen mit dem Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg sowie der Vereinigung der Islamischen Organisationen Zürich (VIOZ) konzipiert die Direktion der Justiz und des Innern den achttägigen Lehrgang. Zuvor hatten sie beim Aufbau einer muslimischen Seelsorge im Kanton Zürich zusammengearbeitet.

Die VIOZ begrüße die Möglichkeit. Jahrelang habe man sich bereits für eine solche Weiterbildung eingesetzt, so Sakib Halilovic vom Dachverband. Laut dem Halilovic gäbe es viele Forderungen und Erwartungen an die muslimische Gemeinschaft. „Die Erwartung des Staats und der Öffentlichkeit an diese Leute, die Nachhilfeunterricht anbieten oder eine Jugendgruppe leiten, ist zum Teil unrealistisch. Das sind keine Profis“, so Halilovic . Für ihn sei Zürich-Kompetenz eine „Win-win-Situation“.

Schwerpunkt: Pädagogische Kompetenzen

„Das Projekt ist in dieser Form tatsächlich neu für die Schweiz“, wird Islamwissenschaftler Andreas Tunger in Medienberichten zitiert. An der Universität Freiburg könnten sich Imame zwar bereits heute weiterbilden, doch „dort versammeln sich Leute aus der ganzen Schweiz“, so Tunger. Die neue Weiterbildung fokussiere sich hingegen nur Muslime aus dem Kanton Zürich.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Lehrgangs werden pädagogische Kompetenzen etwa in der Jugend- und Familienarbeit oder im Umgang mit den Medien sein.

„Es geht darum, islamische Theologie nicht als ein abstraktes System von Normen zu verstehen, sondern als etwas, das aus den Traditionen heraus zur Sprache kommt“, sagte Hansjörg Schmid, Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg. „Der Lehrgang soll einen positiven Zugang zur Vielfalt der Lebensformen aufzeigen.

Neben theoretischen Blöcken sollen auch praktische Elemente umfasst werden, etwa durch Kurzeinsätze in der Verwaltung oder in Bildungs- und Sozialeinrichtungen.

„Sie sind Vorbilder, Vermittlerinnen und kompetente Auskunftspersonen“

Die Weiterbildung richte sich neben Imamen, auch an Personen, die in der jeweiligen Gemeinschaft eine zentrale Rolle etwa in der Jugendarbeit oder Berufsberatung übernehmen. Für die Teilnahme brauche es keinen universitären Abschluss, das Bewerbungsverfahren umfasse jedoch eine Sicherheitsprüfung. „Imame und muslimische Betreuungspersonen haben eine zentrale Rolle für die muslimische Gemeinschaft“, so Fehr, „und damit auch für die Gesamtgesellschaft und den Staat.

„Sie sind Vorbilder, Vermittlerinnen und kompetente Auskunftspersonen“, so Fehr. Vor allem aber hätten sie eine Brückenbauerfunktion. „Sie leisten Integrationsarbeit, sie sind Sprachrohr und vermitteln Kompetenzen und Wissen, das es in unserer Gesellschaft braucht.“ Religiöse Betreuungspersonen leisteten ehrenamtliche Beiträge für die gesamte Gesellschaft. Umso wichtiger sei es, dass sie das nötige Rüstzeug für diese zentrale Aufgabe mitbrächten.