Angesichts der zunehmenden Kämpfe im Gazastreifen mahnt der EU-Chefdiplomat die Einhaltung des Völkerrechts an. Weltweit protestieren Menschen gegen die Gewalt in Palästina.
Nach massiven Luftangriffen des israelischen Militärs auf den Gazastreifen gibt es viele Tote, darunter viele Kinder. Am Samstag hatten Palästinenser im Gazastreifen Raketen auf die Küstenmetropole Tel Aviv geschossen. Nach Angaben von Sanitätern starb dabei ein etwa 50 Jahre alter Mann beim Einschlag einer Rakete.
Israels Luftwaffe zerstörte kurz darauf nach Angaben eines dpa-Reporters ein 14-stöckiges Hochhaus im Gazastreifen, in dem Medienunternehmen wie Associated Press (AP) ihre Büros hatten. Die Nachrichtenagentur AP reagierte entsetzt. „Das ist eine unglaublich beunruhigende Entwicklung“, teilte AP-Präsident Gary Pruitt am Samstag in New York mit. Ein Dutzend AP-Journalisten und freie Mitarbeiter sei rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden.
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte bestürzt auf den israelischen Angriff. Sein Sprecher Stephane Dujarric teilte mit, Guterres sei „zutiefst beunruhigt über die Zerstörung eines Hochhauses in Gaza-Stadt durch einen israelischen Luftangriff, in dem sich die Büros mehrerer internationaler Medienorganisationen sowie Wohnungen befanden“. Er sei zudem bestürzt über die steigende Zahl von zivilen Opfern, einschließlich des Todes von zehn Mitgliedern einer Familie, darunter Kinder, nach einem israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Schati im Westen von Gaza. Er erinnere daran, jeder willkürliche Angriff auf zivile und mediale Strukturen verstoße gegen das Völkerrecht.
Auch EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat dazu aufgerufen, das Völkerrecht zu respektieren. Es müsse vollen humanitären Zugang zum Gazastreifen geben, teilte der Hohe Vertreter der EU am Samstagabend nach zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der Konfliktparteien unter anderem mit.
Borrell betonte, dass die zugrundeliegenden Ursachen, die zu der aktuellen Situation geführt hätten, angegangen werden müssten. Der Status Quo der Heiligen Stätten müsse gewahrt werden. Die Siedlungsaktivitäten Israels, Abrisse und Räumungen auch in Ost-Jerusalem sollten enden. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Aksa-Moschee ist sowohl die drittheiligste Stätte im Islam als auch im Judentum von größter Bedeutung, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde.
Es war das fünfte Hochhaus, das Israels Armee seit Beginn der jüngsten Eskalation am Montag zum Einsturz bringt. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 650 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden seitdem über 200 Menschen getötet, darunter über 50 Kinder, und 1100 verletzt. Wie der Rettungsdienst Magen David Adom mitteilte, kamen in Israel durch den Raketenbeschuss der vergangenen Tage zehn Menschen ums Leben.
Zuvor hatte sich die Situation nach der Absage der palästinensischen Parlamentswahl zugespitzt. Ausgangspunkt der Gewalt waren drohende Zwangsräumungen von Wohnungen in Ost-Jerusalem, in denen Palästinenser leben. Zudem wurden im Fastenmonat Ramadan in der Aksa-Moschee Rauchgranaten gezündet und Menschen mit Tränengas angegriffen.
Die eskalierende Gewalt in Jerusalem hat in mehreren Städten Deutschlands tausende Menschen auf die Straße gebracht. Mehrheitlich solidarisierten sich die Demonstranten mit den Palästinensern. Beispielsweise trugen einige Teilnehmer am Samstag Plakate mit der Aufschrift „Free Palestine“ oder Schilder mit Aufschriften wie „Stop the Genocide“, aber auch „Gegen Zionisten – nicht gegen Juden“. Die Proteste seien weitgehend friedlich verlaufen.
In Frankfurt am Main kamen bei einer Demonstration über 2500 Menschen zusammen. „Der Nahostkonflikt und die Kritik am Handeln der israelischen Regierung darf nicht zu antisemitischen Vorfällen führen“, sagte am Samstag Beatrix Baumann, Vorstandssprecherin der Frankfurter Grünen.
Neben Demonstrationen in Städten wie Hamburg, Kiel, Hannover, Berlin, Stuttgart, Köln, Hildesheim, Osnabrück und weiteren, demonstrierten Menschen weltweit gegen die Bombardierung Jerusalems. So haben tausende Menschen am Samstag in der britischen Hauptstadt gegen die Luftangriffe der israelischen Armee auf Gaza demonstriert.
Die Palästinenser erinnerten am Samstag, dem Tag der Nakba (Katastrophe), an die Vertreibung und Flucht Hunderttausender Palästinenser im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948.
Vertreter von Muslimen in Deutschland haben die Gewalt gegen Juden verurteilt. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD) in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Wer unter dem Vorwand von Kritik an Israel Synagogen und Juden angreift, hat jedes Recht auf Solidarität verwirkt.“
Der hessische Landesgeschäftsführer der DITIB, Onur Akdeniz, sagte der Zeitung, er beobachte „mit großer Besorgnis“, wie der palästinensisch-israelische Konflikt „missbraucht wird, um das emotionale Empfinden der muslimischen Gläubigen in Deutschland zu instrumentalisieren. Angriffe auf Einrichtungen wie Synagogen seien „auf das Schärfste zu verurteilen.“
Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) zeigte sich zuvor in einem öffentlichen Brief besorgt über die eskalierende Gewalt in Jerusalem.(KNA, dpa, iQ)