Lange musste Franco A. auf seinen Prozess warten. Zu Beginn des Verfahrens des unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehroffiziers drehten seine Verteidiger den Spieß um: Sie erhoben Vorwürfe gegen die Ankläger.
Ein Bundeswehroffizier unter Terrorverdacht, eine Verteidigung mit heftigen Anschuldigungen gegen die Ankläger: Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat am Donnerstag der Prozess gegen den Bundeswehroffizier Franco A. begonnen, der unter Terrorverdacht steht. Die Bundesanwältin warf dem 32 Jahre alten Oberleutnant vor, aus einer tief verfestigten rechtsextremistischen Gesinnung heraus Anschläge auf Politiker geplant zu haben. Auch habe er gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen. Die Anklage geht davon aus, dass er einen Anschlag auf hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens beabsichtigte, die sich für ihr – aus Sicht des Angeklagten – flüchtlingsfreundliches Engagement besonders auszeichneten.
Mit „erheblichem organisatorischen Aufwand“ habe sich der Angeklagte eine falsche Identität als angeblicher syrischer Geflüchteter zugelegt, so die Anklagevertreterin. Es sei Franco A. darum gegangen, die geplanten Anschläge als Terrorakte eines anerkannten Asylbewerbers darzustellen und das Vertrauen in die Asylpolitik zu erschüttern. „Als Anschlagsopfer waren nach den Aufzeichnungen des Angeschuldigten unter anderem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth sowie Anetta Kahane, Menschenrechtsaktivistin, Journalistin und Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin, vorgesehen“, hieß es im Dezember 2017 bei der Bekanntgabe der Anklage. Franco A. habe sich insgesamt 4 Schusswaffen, mehr als 1000 Schuss Munition sowie mehr als 50 Sprengkörper beschafft.
Kurz vor Beginn des Prozesses hatte Franco A. die Vorwürfe gegen sich erneut zurückgewiesen. „Ich habe niemals zum Nachteil irgendeiner Person irgendwelche Handlungen geplant“, sagte Franco A. am Donnerstag in Frankfurt vor Journalisten. Er wolle in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt einiges klar stellen. Er sei kein Rechtsextremist. Die Vorwürfe gegen ihn seien in „keinster Weise wahr“.
Im Gerichtssaal wirkte der 32-jährige, der seit bald vier Jahren auf sein Verfahren wartet und nach Aufhebung des Haftbefehls auf freiem Fuß ist, entspannt und konzentriert zu gleich. Weder scheute er den Blick in die Kameras noch versuchte er, sich hinter Aktenordnern zu verbergen. Stattdessen nahm er noch ein paar letzte Änderungen an der Stellungnahme seiner Anwälte vor. Vollbärtig und mit langen, zusammengebundenen Haaren entsprach der schlanke mittelgroße Mann in kariertem Hemd und heller Hose äußerlich nicht gerade den Klischeevorstellungen eines Skinheads in Springerstiefeln.
Ehe das Gericht in die Beweisaufnahme einstieg, nutzten die Anwälte von Franco A. ihre Stellungnahmen zu Vorwürfen gegen die Anklage – von Rufmord war die Rede, von einer gezielten Hetzkampagne gegen ihren Mandanten, von Stigmatisierung und dem Verdacht gezielter Schikanen. Dutzende Aussagen von ehemaligen Lehrern, Jugendfreunden, Bundeswehroffizieren und anderen Wegbegleitern wurden vorgelesen, die Franco A. Weltoffenheit, ein hohes Gerechtigkeitsempfinden und Aufgeschlossenheit bescheinigten. Andere bezeichneten ihn als „sehr konservativ, aber keinesfalls militant.“ Für die demokratische Grundhaltung hatte ein Offizier eine für ihn einleuchtende Erklärung: „Sonst wäre er kein Offizier der Bundeswehr.“
Da schien es, als ob noch vor der ersten Zeugenaussage und der Inaugenscheinnahme des ersten Beweisstücks bereits ein Kampf um die Deutungshoheit im Verfahren stattfindet: Hatte Franco A. besonders perfide Anschlagspläne, die Verdacht und Wut auf Geflüchtete schüren sollten, oder sah er sich als Aufklärer von Missständen, der sich nach den Worten seines Anwalts „lediglich des Instruments der Köpenickiade bediente“? Franco A. will sich in der kommenden Woche in einer Einlassung zu den Vorwürfen äußern.
Auf Aufklärung und die Erhellung von Hintergründen und möglichen Verbindungen des Angeklagten hoffte Kahane in einer Stellungnahme vor dem Prozess: „Der Prozess sollte als Chance begriffen werden, bewaffnete Netzwerke aufzudecken und restlos auszuheben. Leider sind unsere Erwartungen nach all den Erfahrungen der letzten Jahre aber sehr gering.“ (AA,P)