Der Europarat hat die Zurückziehung einer neu in Österreich veröffentlichten „Landkarte des politischen Islam“ gefordert. Auch Muslime wollen juristische Schritte einleiten.
Der Europarat hat die Zurückziehung einer neu in Österreich veröffentlichten „Landkarte des politischen Islam“ gefordert. Die Karte schieße über das Ziel hinaus und sei potenziell kontraproduktiv, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme des Sonderbeauftragten unter anderem für muslimfeindliche Intoleranz und Hassverbrechen, Daniel Höltgen.
Die Veröffentlichung der Karte wirke aufgrund von Form und Zeitpunkt auf viele muslimische Gläubige als Generalverdacht gegenüber dem Islam, sagte Höltgen. Viele Muslime fühlten sich stigmatisiert und durch die Veröffentlichung von Adressen und anderer Details in ihrer Sicherheit bedroht.
Auf der Karte sind 623 muslimische Organisationen, Gemeinden und Moscheen mit ihrem jeweiligen Hauptsitz in Österreich eingezeichnet. Erstellt wurde sie im Auftrag einer Dokumentationsstelle Politischer Islam, die 2015 als unabhängiger Fonds der Republik Österreich gegründet wurde. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte erklärt, die Karte solle einen Beitrag zur Transparenz leisten. Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) kündigte am Samstag an, gegen die Karte zu klagen.
Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg setzt sich gemeinsam mit seinem Menschenrechtsgerichtshof für den Schutz der Menschenrechte in den 47 Mitgliedstaaten ein. Er ist kein Organ der Europäischen Union.
Die MJÖ (Muslimische Jugend Österreichs) will unter der aktuell Vorsitzenden Canan Yaşar juristisch gegen die von Integrationsministerin Raab präsentierte „Islam-Karte“ vorgehen. Am Samstag meldete sich die MJÖ via Aussendung zu Wort.
Darin fordert diese, dass die „Islam-Karte“ offline genommen wird. Diese Forderung wird mit der „Verletzung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten unzähliger Einrichtungen und Privatpersonen“, die „nicht widerspruchslos hingenommen werden“ dürfe, begründet. Die Veröffentlichung sämtlicher Namen, Funktionen und Adressen von muslimischen und als muslimisch gelesenen Einrichtungen stelle eine nie dagewesene Grenzüberschreitung dar.
„Die Muslimische Jugend Österreich wird alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um diesen Rechtsverletzungen entgegenzutreten“, so die MJÖ gegenüber Medien.
Schon unmittelbar nach der Präsentation der „Islam-Karte“ hagelte es heftige Kritik von Ümit Vural, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ). Dieser sprach von einem „massiven Sicherheitsrisiko“. Mit Bischof Michael Chalupka forderte auch ein Vertreter der evangelisch-lutherischen Glaubenslehre die Offlinenahme der Karte.
Die österreichische Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat die in ihrem Land veröffentlichte und harsch kritisierte „Landkarte des politischen Islam“ verteidigt. „Es geht hier keineswegs um einen Generalverdacht gegen Muslime“, sagte Raab der „Welt“ (Dienstag). „Es geht um den gemeinsamen Kampf gegen den politischen Islam als Nährboden für Extremismus.“
Raab wies auch Kritik zurück, dass durch die Landkarte Islamvertreter einer Gefährdung ausgesetzt würden. „Wenn man jetzt sagt, man gründet zwar einen islamischen Verein, will aber nicht, dass das jemand weiß, oder gar, was man tut und wer man ist, dann zeigt das genau das Problem: nämlich, dass man doch lieber in privaten Hinterzimmern predigt.“ Die Karte sei auch im Interesse der Muslime, die mit extremistischen Strömungen nichts zu tun haben wollten. „Sie sollen doch auch wissen, in welche Moschee sie gehen und welche Strukturen und Ideologien dahinterstehen.“ (dpa/iQ)