Darf einer Muslimin untersagt werden, mit Kopftuch an einer Drogeriemarktkasse zu stehen oder in einer Kita zu arbeiten? Der Europäische Gerichtshof hat zu zwei Fällen aus dem Raum Nürnberg und Hamburg ein Urteil gesprochen.
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern laut einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verbieten, am Arbeitsplatz ein Kopftuch zu tragen. Unternehmen können das Tragen jeglicher politischer, weltanschaulicher oder religiöser Zeichen untersagen, um Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden, heißt es in einem am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichten Urteil des EuGH.
In dem Fall dürften aber keine sichtbaren Zeichen erlaubt sein, kleine wie ein Kreuz oder größere wie Kippa oder Kopftuch. Ein Verbot ist zudem nur möglich, wenn dem Unternehmen ansonsten Nachteile entstehen. Zudem dürften im Fall eines Verbots keine sichtbaren Zeichen anderer Religionen erlaubt sein, weder kleine wie ein Kreuz, noch größere wie die jüdische Kippa.
Bereits 2017 hatte der EuGH entschieden, dass Unternehmen ein muslimisches Kopftuch verbieten können, wenn sie auch alle anderen sichtbaren weltanschaulichen Zeichen untersagen. Der Generalanwalt des EuGH schlug in seinen Schlussanträgen im Februar zuletzt vor, kleine Zeichen am Arbeitsplatz zu erlauben, die „nicht auf den ersten Blick bemerkt werden“. Zugleich betonte er, dass das Kopftuch kein kleines Zeichen darstelle.
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt und das Arbeitsgericht Hamburg hatten sich an das EU-Gericht gewandt und um eine Gewichtung verschiedener Rechtsgüter wie Religionsfreiheit, Neutralität und Gleichbehandlung gebeten. Anlass sind die Fälle zweier muslimischer Frauen, die mit Kopftuch in einer weltanschaulich neutralen Kita bzw. in einem Drogeriemarkt arbeiten wollten. Die Arbeitgeber untersagten das. Die Kita verbietet mit einer Dienstanweisung, sichtbare Zeichen politischer, weltanschaulicher und religiöser Überzeugung wie das christliche Kreuz, das muslimische Kopftuch oder die jüdische Kippa zu tragen. Der Drogeriemarkt beruft sich auf ein solches Verbot in der Kleiderordnung.
Das abschließende Urteil im konkreten Fall der Kita-Mitarbeiterin und der Angestellten des Drogeriemarktes müssen nun die zuständigen deutschen Gerichte treffen. Der EuGH betonte am Donnerstag, dass diese durchaus Entscheidungsspielraum haben. Demnach könnten die nationalen Gerichte im Rahmen des Ausgleichs der in Rede stehenden Rechte und Interessen dem Kontext ihres jeweiligen Mitgliedstaats Rechnung tragen. Insbesondere sei dies der Fall, wenn es in Bezug auf den Schutz der Religionsfreiheit günstigere nationale Vorschriften gebe. (dpa, KNA, iQ)