Der Europäische Gerichtshof erlaubt erneut ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz. Religionsgemeinschaften kritisieren das Urteil und warnen vor einer Diskriminierung und Ausgrenzung.
Religionsvertreter haben ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kritisiert, das ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt. „Die erneute Entscheidung des Europäischen Gerichtshof bezüglich des Kopftuchverbots zeigt deutlich, dass muslimische Belange in Europa nicht ernstgenommen werden“, erklärte der Vorsitzende des Islamrats,Burhan Kesici gegenüber IslamiQ.
Das Gericht konnte nicht zwischen einem religiösen Gebot wie das Kopftuch und einem Symbol wie das Kreuz unterscheiden. Kesici hoffe, dass die deutschen Gericht für die Religionsfreiheit entscheiden. „Ein anderes Urteil würde dazu führen, dass kopftuchtragende Frauen in der ganzen Gesellschaft ausgegrenzt werden“, so Kesici abschließend.
Das Gericht sei seiner bisherigen religionsunfreundlichen Linie treu geblieben und „stellt muslimische Frauen ein weiteres Mal vor die Entscheidung: Religion oder Arbeit. Das kann in einer freiheitlichen Grundordnung nicht überzeugen“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).
Der EuGH untergrabe weiter das Recht muslimischer Frauen auf ein gleichberechtigtes Leben und Arbeiten. Jetzt liege es an deutschen Gerichten, den vom EuGH eingeräumten Gestaltungsspielraum an die nationalen Gerichte zu nutzen und ihren eigenen Weg zu gehen. „Ein Weg, der Menschen unabhängig von ihrer Religion ein diskriminierungsfreies Leben ermöglicht“, so Altaş.
Für den Vorsitzenden des des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, werde es damit zwar auch künftig keine pauschalen Kopftuchverbote in Deutschland geben. „Aber das Signal ist integrationspolitisch zweifelhaft vor dem Hintergrund der so wesentlichen Rechtsgüter wie der Religionsfreiheit und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau“, so Mazyek.
Kritik an dem Urteil, das der Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg bekanntgegeben hatte, kam auch von der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER). Deren Präsident, der Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, sprach von einem „weiteren Schritt, die in den Grundrechten verankerte und stets von Europas Politik propagierte Religionsfreiheit weiter auszuhöhlen“. Für moderat religiös praktizierende Menschen sei das Urteil ein „alarmierendes Signal“ bis hin zur Gefahr von Diskriminierungen. „Europas Ansatz zur Integration und Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes sollte anders aussehen, als weiter die Axt an dem Grundrecht der Religionsfreiheit anzusetzen.“
Laut dem Urteil können Unternehmen das Tragen jeglicher politischer, weltanschaulicher oder religiöser Zeichen untersagen, um ihre Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden. Ein Verbot ist aber nur möglich, wenn dem Unternehmen ansonsten Nachteile entstehen oder die unternehmerische Freiheit beeinträchtigt wird. Zudem dürften im Fall eines Kopftuchverbots keine sichtbaren Zeichen anderer Religionen erlaubt sein, weder kleine wie ein Kreuz, noch größere wie die jüdische Kippa. (KNA, iQ)