Der Titel klingt nach einem Buch, das zur Befreiung der Kopftuchträgerinnen aufruft oder sie in den Himmel lobt – so genau ist das nicht erkennbar. Dabei ist Khola Maryam Hübschs neues Buch „Unter dem Schleier – Die Freiheit“ ein Erklärungsansatz.
In den Regalen der Buchläden fällt ein neues Buch auf. Eine nette Dame mit Kopftuch blickt auf dem Cover, das in seinem Titel die Begriffe Schleier und Freiheit beinhaltet. Was könnte den Leser, erwarten der sich dazu entscheidet, das Buch zu kaufen und zu lesen? Nicht das, was man im ersten Augenblick denkt.
Khola Maryam Hübsch hat mit ihrem neuen Buch „Unter dem Schleier – Die Freiheit“ einen soziologischen Versuch gewagt, das Kopftuch zu erklären. Zuerst beginnt das Buch wie ein Beziehungsratgeber, der die Gründe dafür aufzählt, warum die Liebe es in heutiger Zeit so schwer hat. Nach einigen Seiten kommen wir aber zum eigentlichen Thema, wofür auf dem Cover des Buches geworben wird.
Der Bogen wird gespannt zum „Prinzip Kopftuch“, was für die Autorin gleichermaßen für Männer und Frauen gilt. Dort beginnt das Buch auch eine gedankliche Reise, auf der man alles, was man über das Kopftuch weiß, vergessen soll. Hübsch bringt dem Leser nah, warum das Kopftuch ein Symbol und Mittel der Liebe ist, warum es zur Emanzipation der Frau beitragen kann und warum Kopftuchträgerinnen selbstbestimmte Persönlichkeiten mit starkem Charakter sind. Nach jahrelangem Kopftuchbashing hören sich ihre Worte sehr idyllisch an.
Ihr Hauptkritikpunkt ist das Frauenbild in der modernen Gesellschaft. Hübsch geht davon aus, dass die gesamte Gesellschaft von Postulaten durchzogen ist, die die Frau als sexualisiertes Wesen degradiert. Sie wird stets als Ware gesehen, die über ihre Attraktivität definiert wird. Der Mann dagegen sei der Begehrende. Ein Gegenentwurf dazu ist für sie das islamische Frauenbild, in dem das Kopftuch die Frau vor dieser Begierde schützt. Die besondere Pflicht der Männer, die oft unerwähnt bleibt, beschreibt die Autorin ebenfalls ausführlich. Sie müssen die Blicke senken und Frauen stets mit Respekt und Anerkennung behandeln.
Die Autorin setzt sich auch mit aktuellen Debatten auseinander, zum Beispiel mit der Bewegung der Mipster und den Islamkritikerinnen, die den jungen Frauen vorwerfen, dass sie ihr Kopftuch nicht freiwillig tragen. Dabei ist genau dieser Punkt die Prämisse für die Thesen von Khola Maryam Hübsch: das freiwillige Tragen des Kopftuchs. Dem Generalverdacht der Unterdrückung entgegnet die Autorin mit einem Zitat von Johannes Rau: „Der mögliche Missbrauch einer Sache, darf den Gebrauch nicht hindern.“
„Unter dem Schleier – die Freiheit“ ist ein scharfsinniges Buch, das ein emotionales Thema aufgreift und sehr sachlich bearbeitet. Wer die Beweggründe der muslimischen Frauen sich für ein Kopftuch zu entscheiden erfahren möchte, der kann mithilfe dieses Buches einige offene Fragen aus dem Weg räumen. (fc)