Im NSU-Prozess zu zehn rassistischen Morden hat der BGH entschieden, dass die Urteile von Beate Zschäpe und zwei ihrer Mitangeklagten rechtskräftig sind.
Beate Zschäpe ist rechtskräftig als Mittäterin der Neonazi-Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf ihre Revision mit schriftlichem Beschluss und strich nur eine Einzelstrafe, wie das Karlsruher Gericht am Donnerstag mitteilte. „Die lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe und die festgestellte besondere Schuldschwere sind hiervon jedoch unberührt geblieben.“ Auch die Urteile gegen die NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben und Holger G. seien rechtskräftig.
Zschäpe hatte fast 14 Jahre mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die Männer acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. 2011 nahmen sie sich das Leben, um der drohenden Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an, verschickte ein Bekennervideo und stellte sich.
Das Mammutverfahren um die Morde und Anschläge der Neonazi-Terrorzelle NSU war am 11. Juli 2018 nach mehr als fünf Jahren und über 400 Verhandlungstagen zu Ende gegangen. Das Oberlandesgericht (OLG) München verurteilte Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, als Mittäterin zu lebenslanger Haft – auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war. Außerdem stellten die Richter die besondere Schwere der Schuld fest.
Ralf Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt, Holger G. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft. Das schriftliche Urteil liegt seit Ende April 2020 vor, es ist 3025 Seiten lang.
Der BGH prüft Urteile ausschließlich auf Rechtsfehler. Er hört also keine Zeugen mehr. Hält das Urteil der Überprüfung stand, wird es rechtskräftig. Haben die Revisionen Erfolg, heben die Richter es ganz oder teilweise auf. Eine Hauptverhandlung gibt es nur in etwa fünf Prozent aller Revisionen. Unter bestimmten Bedingungen können die Richterinnen und Richter auch schriftlich per Beschluss entscheiden – nämlich dann, wenn sie eine Revision für unzulässig oder offensichtlich unbegründet halten. Gleiches gilt, wenn der Senat die Revision zugunsten eines Angeklagten einstimmig für begründet hält.
Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Marcus König (CSU), hat die vom Bundesgerichtshof festgestellte Rechtskraft von Mordurteilen gegen NSU-Terroristen begrüßt. „Das ist eine wichtige Entscheidung für die Angehörigen, für den Rechtsstaat und ein deutliches Zeichen gegen jede Form des Rechtsextremismus“, sagte König am Donnerstag in Nürnberg. Aus der Stadt kamen drei Todesopfern, die von NSU-Terroristen ermordet worden waren.
König forderte einen zweiten Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag zu den NSU-Vorgängen. Der erste Ausschuss sei bereits abgeschlossen gewesen, als der juristische Prozess begonnen wurde. In dem Verfahren seien aber weitere wichtige Details bekannt geworden. Die Forderung hatte der Nürnberger Stadtrat bereits mit einem Beschluss im Mai erhoben. (dpa, iQ)