Quarks

Nach Vorwürfen an Moderatorin – WDR setzt Start von Sendung aus

Die WDR-Moderatorin Nemi El-Hassan steht vor ihrem Start bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ in der Kritik. Es geht um antisemitische Proteste vor mehreren Jahren.

15
09
2021
Nemi El-Hassan
Journalistin und Moderatorin Nemi El-Hassan © Agentur 190a, bearbeitet by iQ.

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) setzt den geplanten Start der Moderation von Nemi El-Hassan bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ vorerst aus. Das teilte der öffentlich-rechtliche Sender am Dienstag in Köln mit. Eigentlich hätte die 28-Jährige im November starten sollen.

Hintergrund ist das Bekanntwerden ihrer Teilnahme an einer Al-Kuds-Demo in Berlin vor mehreren Jahren. Vom WDR hieß es: „Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer. Es wiegt aber auch schwer, einer jungen Journalistin eine berufliche Entwicklung zu verwehren. Deshalb ist eine sorgfältige Prüfung geboten.“

Nemi El-Hassan: Beteiligung an Demo war Fehler

Die Bild-Zeitung hatte im Kontext der neuen Aufgabe El-Hassans für den öffentlich-rechtlichen Sender von der Demo-Teilnahme in Berlin berichtet. Daraufhin hatte sich El-Hassan von der Demo distanziert und der Deutschen Presse-Agentur in einem Statement mitgeteilt: „An den Al-Kuds-Demos vor sieben Jahren in Berlin teilzunehmen, war ein Fehler.“

In dem Statement der Journalistin, Medienmacherin und Ärztin hieß es weiter zu ihrer damaligen Teilnahme: „Keinesfalls habe ich während der Demo antisemitische Parolen von mir gegeben, noch Menschen jüdischen Glaubens körperlich angegriffen.“ Während Ausschreitungen sei sie nicht zugegen gewesen.

Die Journalistin ging in ihrem Statement auch auf einen anderen Aspekt der Bild-Berichterstattung ein. Darin geht es um einen animierten Kurzfilm der Bundeszentrale für politische Bildung, in dem auch El-Hassan mitgewirkt hat und den Begriff Dschihad erläutert. Laut Statement entstand das Video im Rahmen einer Webvideo-Reihe zu „Begriffswelten Islam“ für die Bundeszentrale im Jahr 2015. El-Hassan betonte in dem Statement: „Ich relativiere in diesem Beitrag keinen Terrorismus.“ Sie verwies darauf, dass ein Videoausschnitt in sozialen Netzwerken und Medien aus dem Kontext gerissen worden sei.

Zentralrats-Präsident äußert Bedenken

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, teilte am Dienstag in einem Statement mit: „Die Wogen im Fall der Journalistin Nemi El-Hassan schlagen hoch und fördern leider auch Islamfeindlichkeit zutage.“ Daher sei es jetzt wichtig, sich objektiv mit der Frage zu befassen, ob sie trotz ihrer Teilnahme an dem Marsch als WDR-Moderatorin geeignet wäre. „Der öffentlich-rechtliche Sender trägt eine hohe Verantwortung, niemanden auf dem Bildschirm zu präsentieren, der Israel-Hass und Antisemitismus verbreiten könnte.“ Dies müsse auch bei El-Hassan gesichert sein. Momentan habe man erhebliche Bedenken.

Solidarität mit El-Hassan

Neben der ganzen Kritik solidarisieren sich auf den sozialen Medien viele User mit Nemi El-Hassan. So wünscht ihr der Autor und Journalist Daniel Bax viel Kraft zu. „Unglaublich, wie viel Hass eine junge Frau auf sich zieht, die erfolgreich, muslimisch und palästinensisch ist und in ihrer Jugend einen Fehler gemacht hat, den sie bedauert. Ich wünsche viel Kraft.“, so Bax.

Auch der Journalist Malcolm Ohanwe solidarisiert sich mit El-Hassan. Sie jetzt fallen zu lassen, gebe „Rechten und Rassisten die Waffe des scheinheiligen Antisemitismus-Vorwurf um unliebsame PoC, Muslims und auch Juden selbst, einfach aus der Öffentlichkeit zu eliminieren, sie zu diskreditieren“, schreibt Ohanwe auf Twitter.

Bei den alljährlichen Al-Kuds-Demonstrationen in Berlin waren in der Vergangenheit immer wieder antisemitische Parolen gerufen und Symbole der pro-iranischen libanesischen Hisbollah-Bewegung gezeigt worden. Gegen die Hisbollah hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein Betätigungsverbot erlassen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

ABM sagt:
Die Frage ist, warum werden diese Demos vom Berliner Senat seit Jahren wie Verschwörungsmärsche wöchentlich erlaubt? Ich erwähne, dass die Dame Palästinenserin ist, was erheblich ist. Zudem kam der Stein durch die AFD Partei BILD ins rollen und die Distanz der Dame ist mehr als ausreichend. Ihr die Karriere, als einige der wenigen Muslimas im Arbeitsleben zu zerstören ist Rassismus und Verleumdung. Ganz klar gehören die Demos verboten in 2021 und die Dame sollte im Folgethema das Thema journalistisch aufnehmen. Kann mehr Frieden stiften als andere politische Szenarien. Ich will Sie sehen!
15.09.21
18:31
Vera sagt:
Der WDR setzt keinen "Start von Sendung" aus. Die Wissenschaftssendung "Quarks" gibt es schon seit 1993 und ist keinesfalls auf die genannte Moderatorin angewiesen. Es stehen noch viele andere geeignete Alternativen (m/w/d) zur Verfügung. Auf jeden Fall bekommt die Möchte-gern-Moderatorin viel Publicity. Und die kommt ihr sicherlich zupass. Daß sie islamistische Gewalt relativierte, ist alles andere als akzeptabel. Das meint auch der Islamwissenschaftler Dr. Abdel-Hakim Ourghi (53) zu 'Bild'. Und die Islam-Expertin Seyran Ates (58) forderte, dass mit "rechtsgerichteten Ideologien von Muslimen" genauso umgegangen werde wie mit rechtsextremen Tendenzen in Polizei und Bundeswehr. "Dass eine Frau, die sich in der Vergangenheit so über den Dschihad geäussert hat und auf antisemitischen Veranstaltungen war, beim WDR völlig unproblematisch gesehen wird, ist fatal." Eine solche Frau soll dann ausgerechnet beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen als Wissenschaftsmoderatorin auftreten, wo doch der Islamismus die wissenschaftsfeindlichste Ideologie der Welt ist. Nicht umsonst schreibt hierzu 'Bild': "Islamismus-Skandal beim WDR." Ich will diese Frau - ob mit oder ohne islamische Kopfverhüllung - in einer Wissenschaftssendung nicht sehen. Denn dort hat sie wirklich nichts verloren.
19.09.21
3:04
grege sagt:
Ich frage mich, ob diese Person auch diese Fürsprache von Hr. Bax erhalten hätte, wenn sie biodeutscher Abstammung wäre und an einer judenfeindlichen Veranstaltung von biodeutschen Rechtsradikalen teilgenommen hätte. Hätte in dem Falle Hr. Ohanwe ebenso von Diskreditisierungs- und Eliminierungsversuchen, denen diese Person ausgesetzt gewesen wäre? Beide Personen unterscheiden zwischen "gutem" und "schlechtem" Antisemitismus, damit Sie das Wohlgefallen an ihrem Weltbild wahren können.
19.09.21
21:16