Berlin

Berliner Schule stellt Muslimin vor die Wahl: Kopftuch oder Beruf?

Der Umgang einer Berliner Gesamtschule mit einer kopftuchtragenden Muslimin sorgt für Aufruhr. Nach drei Monaten im Dienst wird sie „nach Hause geschickt“. 

28
10
2021
Hof der Fritz-Karsen-Schule
Hof der Fritz-Karsen-Schule

Eine junge Muslimin aus Berlin durfte ihr Bundesfreiwilligendienst an der Fritz-Karsen-Schule nicht weiterführen. Grund hierfür sei ihr Kopftuch. Nach drei Monaten wurde sie zur Schulleitung gerufen. Dort hieß es, dass sie während dem Bundesfreiwilligendienst das Kopftuch ablegen müsse oder sich eine andere Stelle suchen könne – was die junge Muslimin ablehnte. Die Schule weist jegliche Rassismusvorwürfe zurück und stützt sich auf das Neutralitätsgesetz, erklärt die Muslimin im Gespräch mit IslamiQ. 

Die junge Muslimin war selbst Schülerin an dieser Schule. Kurz vor der 13. Klasse haben Sozialpädagogen derselben Schule ihr ein Bundesfrewilligendienst im sozialpädagogischen Bereich nahegelegt, da sie „das Potenzial“ dafür habe. Ihr Kopftuch war damals kein Thema.

So beendete sie ihre Schullaufbahn mit dem theoretischen Teil des Fachabiturs und wollte das Bundesfrewilligendienst als praktischen Teil anrechnen lassen. Ihr Arbeitgeber sei der Kinderring e. V. Ihr Arbeitsvertrag wurde jedoch auch seitens der Schule unterschrieben.

„Meine Zukunft ist ihnen völlig egal“

Die Betroffene stehe immer noch unter Schock. „Man hat mich drei Monate im öffentlichen Dienst arbeiten lassen und dann ins kalte Wasser geworfen“. Als Argument habe ihr die Schulleitung mitgeteilt, dass „sie vergessen hätten, dass ich ein Kopftuch trage, weil sie mich als Person kennen“, erklärt sie gegenüber IslamiQ weiter. Für die junge Muslimin kaum zu fassen. „Völliger Schwachsinn“, sei es. Dank einiger Lehrer habe man sie nicht direkt gekündigt, sondern vor die Wahl gestellt: eine Wahl zwischen Beruf und Kopftuch. „Meine Zukunft ist ihnen völlig egal“, kritisiert sie diese Entscheidung.

Das Sekretariat und der sozialpädagogische Dienst der Schule wollten den Vorfall gegenüber IslamiQ nicht bestätigen. Ein solcher Fall sei ihnen nicht bekannt. Die „Betroffene“ sei derzeit nur krankgeschrieben.

Neutralitätsgesetz in Berlin gekippt – Umsetzung fehlt

Das Land Berlin kann muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch nicht unter Berufung auf sein Neutralitätsgesetz ablehnen. Das Bundesarbeitsgericht wies im August vergangenen Jahres eine Revisionsklage ab und hatte einer muslimischen Lehrerin eine Entschädigung zugesprochen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst eingestellt worden war. Eine Umsetzung des Urteils fehlt weiterhin. Das Bündnis #gegenberufsverbot kritisiert das Land, weil es die Rechtsprechung missachtet.

 

 

 

Leserkommentare

Sara sagt:
Ich war auf der Schule und ich hab mein msa nicht bestanden wegen 1 Punkt und wurde nach 3 Monaten indirekt „raus geworfen“
29.10.21
17:12
Evergreen sagt:
Kürzlich verpasste ich einen ICE, obwohl ich nur eine einzige Minute zu spät gekommen war. Ich tat mir so leid, wie sich Sara leid tut: > ...... ich habeE meinEN MSA nicht bestan- den wegen einEM Punkt und wurde nach drei Monaten indirekt "rauSGeworfen" PUNKT Immerhin dürfen bei uns Lehrer nicht mehr ohrfeigen und prügeln, wie ich es noch "genos- sen" hatte.
30.10.21
20:24
Emanze sagt:
Die Schule handelt da genau richtig. Frauen die ein Kopftuch tragen, vermitteln deutschen Mädchen dann ein völlig falsches, von Unterdrückung geprägtes Frauenbild, und das ist nicht akzeptabel. Wenn die Frau sich weigert, ohne Kopftuch zu unterrichten, dann ist ihr ihr Beruf als Lehrerin eben nicht so wichtig. Es verlangt doch niemand, dass sie splitternackt vor den Schülern steht, ein paar Stunden ihr Kopftuch nicht zu tragen, ist nicht zu viel verlangt von ihr.
31.10.21
14:36
Ethiker sagt:
Es ist überall bekannt, dass vor allem verbeamtete Dienstleister, wie in der Polizei in Hochschule und Schule, nationalistisch und besitzstandswahrend agieren und handeln. Ihnen ist das folgende Handeln oft nicht bewusst, sodass sie rassistische Bilder iterativ bilden und in der Gesellschaft einbringen und festigen. Das hat mehrere Effekte es sichert die bestehende gewünschte Ordnung bzw. Herachie und schafft "Privilegien", in Wahrheit werden Güter akkumuliert und erweitert zum Nachteil der negativ gelesenen Gruppen. Die Rechtfertigung ist nicht selten in einer extrem nationalistischen und staatlichen Idee verankert, die sich selbstreferentiell moralisch durch eben diese extreme Auslegung der Idee vergewissert. So werden Rassismen erhalten und eine Feind- Freunde Dichotomie aufgebaut mit fatalen Folgen.
31.10.21
23:06