Zum gewaltsamen Tod von Oury Jalloh in einer Zelle der Dessauer Polizei gab es diverse Prozesse und Gutachten – trotzdem ist das tatsächliche Geschehen unklar. Ein neues Gutachten zeigt ähnliche Ergebnisse.
Fast 17 Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau will eine Initiative mit einem weiteren Brandtest und einem Film belegen, dass Jalloh angezündet und ermordet wurde. Dazu wurde die Situation in der Polizeizelle am 7. Januar 2005 von einem beauftragten britischen Brandschutz-Gutachter nachgestellt und das Feuer gefilmt, wie die Initiative am Mittwoch in einer Pressekonferenz erläuterte. Der Brandschutzexperte Iain Peck erklärte dazu, seiner Meinung nach zeigten die Ergebnisse, dass es am wahrscheinlichsten sei, dass Jalloh mit einer Flüssigkeit wie Benzin übergossen und entzündet worden sei.
Die „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ wirft Polizei und Staatsanwaltschaft seit Jahren vor, die Aufklärung des Todes zu verhindern. Sie fordert neue Prozesse gegen die Polizisten. Vorbereitet werde derzeit auch eine Anzeige gegen die Staatsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt wegen Strafvereitelung im Amt, sagte Nadine Saeed von der Initiative. „Wir sind nicht in der Lage, die Staatsanwaltschaft zu etwas zu zwingen. Wir hoffen auf die Öffentlichkeit und den öffentlichen Druck.“
Bei dem nachgestellten Brand wurde der Initiative zufolge Anfang Oktober eine Puppe aus Kunststoff und Teilen von Schweinen, die gefesselt auf einer Matratze lag, mit 2,5 Litern Benzin übergossen und angezündet. Der 30 Minuten lange Verlauf des Feuers wurde mit mehreren Kameras gefilmt und der Endzustand mit Fotos vom echten Brandort verglichen. Der Film zeigte deutlich das heftige Feuer, das in der kleinen Zelle tobte und Körper und Matratze verkohlte.
Der Brandgutachter sagte, nach diesem Feuer hätten sich der Nachbau der Zelle, die Matratze und der künstliche Körper in einem sehr ähnlichen Zustand befunden wie die Leiche von Jalloh und die Matratze in der Originalzelle. Das zeigten Vergleiche der aktuellen Bilder der nachgebauten Zelle nach dem Brand mit Fotos der Zelle und der Leiche von 2005, wie sie auch am Mittwoch bei der Pressekonferenz präsentiert wurden. Ohne Benzin seien so ein Feuer und so starke Brandspuren nicht möglich, sagte der Brandexperte.
Ein vergleichbares Brandgutachten mit ähnlichen Ergebnissen hatte die Initiative allerdings bereits früher präsentiert.
Der afrikanische Asylbewerber Jalloh war betrunken und stand unter Drogen, als er gefesselt auf einer Matratze liegend in der Zelle starb. Ob er selber die Matratze anzündete, ist bis heute unklar. Die genauen Umstände des Todes konnten in zwei Prozessen nicht geklärt werden. Ein Polizist wurde 2012 verurteilt, weil er nicht dafür sorgte, dass Jalloh korrekt beaufsichtigt wurde. Zwei Sonderermittler stellten in einem 300 Seiten langen Untersuchungsbericht zahlreiche Fehler der Polizei und anderer Behörden fest. (dpa, iQ)