Der geplante Film über das Hanau-Attentat sorgte für Kritik und Entsetzen bei Angehörigen der Opfer. Regisseur Uwe Boll will den Film dennoch veröffentlichen.
Regisseur Uwe Boll plant trotz der Kritik von Angehörigen der Opfer eine Veröffentlichung seines Films über das Attentat von Hanau im Februar kommenden Jahres. Die Nachbearbeitung habe länger gedauert als gedacht, sagte Boll der Deutschen Presse-Agentur. Er habe den Film „Hanau – Deutschland im Winter“ auch Festivals angeboten. Falls Veranstalter ihn in ihr Programm aufnehmen möchten, könnte der Streifen auch erst im März erscheinen, da Festivalveranstalter Filme üblicherweise als Uraufführungen zeigen wollten.
Interesse gebe es vor allem aus den USA, sagte Boll. Sein Filmprojekt hatte beim Bekanntwerden für heftige Kritik von Angehörigen der Opfer und von Vertretern der Stadt Hanau gesorgt, darunter auch der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD).
Ein 43-Jähriger hatte in Hanau am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Vermutlich erschoss er danach seine Mutter und schließlich sich selbst. Die Tat hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Der Täter hätte eine rechtsradikale Ideologie gehabt.
Die Kritiker hatten Boll in einem gemeinsamen Offenen Brief nahegelegt, die Dreharbeiten sofort einzustellen. Sollte er das Projekt doch umsetzen, fordere man ihn auf, „die Persönlichkeitsrechte der Angehörigen, deren Pietätsempfinden und die fortwirkende Menschenwürde der Verstorbenen zu beachten“. Andernfalls wurden auch juristische Schritte angekündigt.
Boll kann die Empörung nicht nachvollziehen. Ihm sei es in dem Projekt darum gegangen, ein „Psychogramm“ des Täters zu zeichnen, sagte er. Im Mittelpunkt stehe die Frage, wie es zu dessen Radikalisierung gekommen sei. Angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen halte er es für wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. Er sei auch an die Opfer-Angehörigen herangetreten und habe das Gespräch gesucht, doch diese wollten von dem Film „nichts wissen“, sagte Boll. „Ich will nicht, dass die denken, ich wolle das Andenken der Toten in den Schmutz ziehen.“
Rückendeckung bekommt Boll von dem Politikwissenschaftler Florian Hartleb, der nach eigenen Angaben Gelegenheit hatte, den Film vorab anzuschauen. Hartleb selbst hatte unter anderem im Auftrag der Stadt München ein Gutachten zu dem Anschlag im Olympia-Einkaufszentrum erstellt und ein Buch mit dem Titel „Einsame Wölfe: Der neue Terrorismus rechter Einzeltäter“ verfasst.
Die Kritik an Bolls Film teile er nicht, erklärte Hartleb, im Gegenteil: „Uwe Boll hat sich große Verdienste erworben. Er hat sich ganz offenbar tief in die Materie eingearbeitet, mit einem Ergebnis, das erschaudern lässt, aber eben auch das Phänomen verständlich macht. Terrorismus spiegelt in extremer Ausformung wider, wie es um das gesellschaftliche Stimmungsbild und etwaige Schieflagen bestellt ist“, sagte Hartleb. (dpa, iQ)