Hanau

Angehörige von Hanauer Anschlagsopfern als Zeugen im U-Ausschuss

Am Freitag will der Untersuchungsausschuss des Landtags erstmals Angehörige der Hanauer Anschlagsopfer als Zeugen hören – ein schwerer, aber auch wichtiger Gang, sagt die „Initiative 19. Februar Hanau“.

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#saytheirnames - Initiative 19. Februar in Hanau, Angehörige von Hanauer Anschlagsopfern als Zeugen im U-Ausschuss
#saytheirnames - Initiative 19. Februar in Hanau, Angehörige von Hanauer Anschlagsopfern als Zeugen im U-Ausschuss

Drei Angehörige von Opfern des rassistischen Anschlags von Hanau werden an diesem Freitag (3. Dezember) als erste Zeugen im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags gehört. Dabei handelt es sich um die Cousine von Kaloyan Velkov sowie um den Bruder und die Partnerin von Fatih Saraçoğlu. Es ist zugleich die erste öffentliche Sitzung des Gremiums, das sich Mitte Juli dieses Jahres konstituiert hatte. Auch in den drei darauffolgenden Sitzungen am 17. und 20. Dezember sowie am 21. Januar 2022 sollen jeweils drei Angehörige von weiteren Opfern zu Wort kommen.

Angehörige fordern Gerechtigkeit!

Ein 43-jähriger Rechtsextremist hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Vermutlich erschoss er danach seine Mutter und sich selbst. Im Fokus des Untersuchungsausschusses steht ein mögliches Behördenversagen vor, während und nach der Tatnacht. So soll etwa der Frage nachgegangen werden, welche Informationen der Landesregierung und den Behörden über den Täter vorlagen und ob mit den Informationen „sachgerecht umgegangen“ wurde. Geklärt werden soll auch, ob es im Zusammenhang mit der Erteilung der Waffenbesitzkarte an den Sportschützen möglicherweise zu Versäumnissen kam.

Der Antrag für den Untersuchungsausschuss war von den Oppositionsfraktionen der SPD, FDP und Linken eingebracht worden, auch die Fraktionen von CDU und Grünen hatten dafür votiert. Insgesamt zehn zentrale Fragen will das Gremium klären, die sich an den Fragen der Opferfamilien orientieren.

Die Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige der Toten sowie Überlebende zusammengeschlossen haben, will begleitend zu den öffentlichen Sitzungen mit Mahnwachen auf ihre Anliegen aufmerksam machen. „Den kommenden Untersuchungsausschuss sehen wir als weitere Möglichkeit, eine breite Öffentlichkeit zu den offenen Fragen rund um den rassistischen Terroranschlag in Hanau herzustellen“, heißt es in einem Aufruf auf ihrer Homepage. „Sie werden die Parlamentarier:innen mit ihren offenen Fragen konfrontieren und deutlich machen, dass sie den Stand der Dinge nicht akzeptieren.“ Verantwortlichen von Behörden und Polizei warf die Initiative unter anderem vor, zu schweigen und „ihre offensichtlichen Fehler“ zu rechtfertigen.

Keine Zahlungen aus dem neuen Hilfsfonds für die Opfer

Ein Sprecher der Initiative sagte der Deutschen Presse-Agentur, es sei wichtig für die Angehörigen, als Zeugen befragt zu werden, weil dies zeige, dass sie ernstgenommen würden. Die Familien hätten „knapp zwei Jahre lang erlebt, wie mit ihnen umgegangen wird“. So habe es an Ansprechpartnern für ihre Anliegen gefehlt. Kritisch sehe man auch die Aufklärungsarbeit rund um den Anschlag, sagte der Sprecher mit Blick auf die Hanauer Staatsanwaltschaft, die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit mehreren Anzeigen nach eingehenden Prüfungen abgelehnt beziehungsweise eingestellt hatte. Auch hätten die Angehörigen noch keine Zahlungen aus dem neuen Hilfsfonds für die Opfer von schweren Gewalttaten und Terroranschlägen erhalten. Zu den Zielen von Untersuchungsausschüssen gehöre, Versäumnisse an den Tag zu bringen und Handlungs- und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Man hoffe sehr auf eine ernsthafte Aufarbeitung, die dann auch Grundlage für Konsequenzen sei, sagte der Sprecher. (dpa/iQ)