Schon häufig hat Armin Kurtović die Behörden kritisiert, dies wiederholte er nun im Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag. Dabei ging es auch um den Notausgang der Bar in Hanau, in der sein Sohn erschossen worden war.
Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum rassistischen Anschlag von Hanau hat der Vater eines Opfers erneut erhebliche Kritik an den Behörden geäußert. Äußerlich gefasst und in Begleitung eines Rechtsanwalts beschrieb Armin Kurtović, wie ihm der Tod seines Sohnes erst am Morgen nach der Tat mitgeteilt worden sei – obwohl die Polizisten dies bereits früher gewusst hätten. Am Tatabend sei ihm gesagt worden, der Sohn sei verletzt in einem Krankenhaus, die Familie sei daraufhin die Kliniken ergebnislos abgefahren, berichtete Kurtović am Montag in Wiesbaden.
Nach der Todesnachricht hätten sie keine Information zum Aufenthaltsort der Leiche erhalten, obwohl er darum „gebettelt“ habe. Erst nach Tagen habe er erfahren, dass sein toter Sohn in der Gerichtsmedizin liege. Der Bestatter habe die Leiche dort abgeholt, er habe sich den toten Sohn auf dem Friedhof angesehen. „Diesen Anblick werde ich nie vergessen“, bekundete Kurtović. Er hätte ihn gerne vor der Obduktion gesehen. Und es hätte ihn jemand vor dem Anblick warnen müssen, sagte er.
Kurtović beklagte auch, die Landespolizei habe ein Treffen abgesagt, bei dem Fragen der Angehörigen beantwortet werden sollten. Auch kritisierte er die Einstellung des Verfahrens durch die Hanauer Staatsanwaltschaft zu Vorwürfen bezüglich eines Notausgangs in der Bar im Stadtteil Kesselstadt, wo sein Sohn Hamza erschossen worden war. „Diese verschlossene Tür hat meinem Sohn das Leben gekostet“, sagte der 48-Jährige.
Die Staatsanwaltschaft hatte infolge von Anzeigen zu der Tür ermittelt – die Anzeigeerstatter hatten unter anderem bemängelt, der Notausgang sei in den vorangegangenen rund zwei Jahren so von innen abgeschlossen gewesen, dass er nicht ohne einen Schlüssel habe geöffnet werden können. Zudem ging die Behörde dem Vorwurf nach, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass örtliche Polizisten von dem verschlossenen Notausgang gewusst hätten und dieser sogar auf deren Anordnung hin verschlossen worden sei. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen letztlich ein und sah keinen hinreichenden Tatverdacht. Die Verschlussverhältnisse des Notausgangs in der Tatnacht hätten sich nicht mit hinreichender Sicherheit aufklären lassen, erklärte sie im August.
Der 43-jährige Rechtsextremist hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Danach tötete er nach Erkenntnissen der Ermittler seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.
Kurtović hatte den Behörden bereits wiederholt Versäumnisse vorgeworfen und eine lückenlose Aufklärung gefordert. Im Fokus des Untersuchungsausschusses steht ein mögliches Behördenversagen vor, während und nach der Tat. Die letzte der insgesamt vier öffentlichen Sitzungen, in denen Angehörige der Mordopfer zu Wort kommen, ist für den 21. Januar 2022 geplant.
Die „Initiative 19. Februar Hanau“, zu der sich Angehörige der Toten sowie Überlebende zusammengeschlossen haben, begleitete auch am Montag die Sitzung in Wiesbaden mit einer Mahnwache. Die Opferfamilien fordern eine kritische Aufarbeitung, unter anderem zu den Waffenerlaubnissen für den Attentäter, der Sportschütze war, sowie zur Nichterreichbarkeit des Hanauer Polizei-Notrufs in der Tatnacht. (dpa/iQ)