Zwei Jahre nach Hanau

Ruf nach Konsequenzen zum Jahrestag des Hanauer Anschlags

Der rassistische Anschlag mit neun Toten in Hanau löste bundesweit Entsetzen aus. Das Gedenken zwei Jahre danach ist auch ein Appell für einen entschiedeneren Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus.

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02
2022
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Zentrale Gedenkstunde auf dem Hanauer Hauptfriedhof © Anadolu Images, bearbeitet by iQ.
Hanauer Hauptfriedhof © Anadolu Images, bearbeitet by iQ.

Trauer, Gedenken und Ruf nach Konsequenzen: Am zweiten Jahrestag des rassistischen Anschlags mit neun Toten in Hanau wird an diesem Samstag in zahlreichen deutschen Städten der Opfer gedacht. Bundesweit sind mehr als 100 Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen geplant, unter anderem in Frankfurt, Hamburg, Bremen, Hannover, Leipzig, Magdeburg, Stuttgart und München.

Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Danach tötete der psychisch kranke Rechtsextremist seine Mutter und nahm sich selbst das Leben. Mit der Aufarbeitung der Tat befasst sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags, der vor allem der Frage nachgeht, ob es vor, während oder nach dem Anschlag zu einem Behördenversagen kam.

Bundeskanzler Scholz erinnert mit Namen an Opfer

Zum zweiten Jahrestag des rassistischen Anschlags im hessischen Hanau hat Bundeskanzler Olaf Scholz namentlich an die Opfer erinnert. „Fatih, Ferhat, Gökhan, Hamza, Kaloyan, Mercedes, Sedat, Said Nesar, Vili Viorel. Ihr wart ein Teil unseres Landes, ein Teil von uns“, sagte der Bundeskanzler in einer am Samstag auf Twitter verbreiteten Videobotschaft. Scholz nahm am Wochenende an der Sicherheitskonferenz in München teil.

„Euch, euren Familien und Freunden schulden wir Antworten auf die Fragen, die bis heute offen sind“, sagte der Kanzler an die Opfer gerichtet. Er versprach, die Bundesregierung werde „Rassismus und rechten Terror entschlossen bekämpfen“. Es gehe darum, „Netzwerke von Extremisten“ zu stoppen und für eine Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen durch staatliche Behörden zu sorgen. Auch müsse mehr in politische Bildung und die Prävention rassistischer Straftaten investiert werden, sagte Scholz weiter.

Angehörigen kritisieren zentrale Gedenkstunde

Auf einer zentralen Gedenkstunde auf dem Hanauer Hauptfriedhof erinnerte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gemeinsam mit Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sowie weiteren Vertretern aus Politik und von Religionsgemeinschaften an die Anschlagsopfer und sicherte den Hinterbliebenen ihre Unterstützung zu. Neben Hinterbliebenen sind auch Vertreter von Religionsgemeinschaften unter den rund 100 geladenen Gästen. „Dieser Anschlag kam nicht aus dem Nichts. Und er geschah auch alles andere als zufällig“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Nährboden sei „ein Klima der Menschenverachtung, das gewaltbereite Extremisten anstachelt und im schlimmsten Fall zur Tat schreiten lässt“, so die Ministerin.

Bei der Gedenkstunde wurden auch Kritik aus dem Kreis der Hinterbliebenen sowie Forderungen nach unbürokratischen Hilfen laut. Emiş Gürbüz, deren Sohn bei dem Anschlag ermordet wurde, kritisierte, das Land Hessen habe mit der Veranstaltung, zu der nur 100 geladene Gäste zugelassen waren, das „Gedenken vereinnahmt“. Noch immer würden die Wünsche der Familien ignoriert.

„Ein Mahnmal für kommende Generationen“

Mustafa Macit Bozkurt, Imam des Islamischen Vereins e. V. in Hanau, bezeichnete die Grabstätte für die Opfer als „ein Mahnmal, um unsere Mitmenschen und die kommenden Generationen zu ermahnen und daran zu erinnern, wohin Rassismus führen kann“. „Wir gedenken heute, um hoffnungsvoll in die Zukunft blicken zu können und die Vielfalt in unserer Gesellschaft als Bereicherung zu verstehen“, so Bozkurt.

Zahlreiche Vertreter von Politik und Interessengruppen verlangten eine lückenlose Aufklärung der Tat und einen entschiedeneren Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus, Hass und Hetze. Auch ein besserer Umgang mit Opfern wurde angemahnt. „Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Sachverhalte, einschließlich der Fehler in zuständigen Behörden“, erklärt der Koordinationsrat der Muslime (KRM) in einer Pressemitteilung. Man vertraue auf den Rechtsstaat, dass er dies vollumfänglich gewährleistet und „so den Opferfamilien hilft“, heißt es abschließend. (dpa, iQ)