Sie sollen Anschläge auf die Stromversorgung und eine Entführung geplant haben. Als sich die Mitglieder einer extremistischen Chatgruppe Waffen besorgten, schlagen die Ermittler zu.
Mitglieder einer bundesweiten Chatgruppe aus sogenannten Reichsbürgern und Gegnern der Corona-Politik sollen Sprengstoffanschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplant haben. Zu den Hauptverdächtigen gehört ein 54-jähriger Mann aus Falkensee in Brandenburg, wie die Ermittler am Donnerstag in Mainz mitteilten. Die Beschuldigten hätten die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen und das angestrebte Chaos nutzen wollen, um die Macht in Deutschland zu übernehmen. Auch in Brandenburg gab es Durchsuchungen.
Die Aufdeckung der extremistischen Gruppe löste Bestürzung aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach am Donnerstag von einer „schwerwiegenden terroristischen Bedrohung“. Bewaffnete Reichsbürger und radikalisierte Corona-Leugner verbinde ein grenzenloser Hass auf die Demokratie und auf den Staat.
Bei bundesweiten Durchsuchungen wurden am Mittwoch vier Beschuldigte festgenommen. Die Hauptbeschuldigten seien ein 55-Jähriger aus Neustadt an der Weinstraße in der Pfalz sowie ein 54 Jahre alter Mann aus Falkensee in Brandenburg, teilten die federführende Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft und das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt mit. Den vier Festgenommenen werden die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen. Gegen sie wurde Haftbefehl erlassen.
Bei den Durchsuchungen wurden den Angaben zufolge 22 Schusswaffen, darunter ein Kalaschnikow-Sturmgewehr, sowie Munition, Bargeld, Goldbarren, Silbermünzen und Devisen sichergestellt. Schwerpunkt mit fünf Durchsuchungen war Rheinland-Pfalz. Drei weitere Objekte wurden jeweils in Bayern und Niedersachsen durchsucht, je zwei in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. Durchsuchungen gab es zudem in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Brandenburg.
Die Extremisten tauschten sich in einer Chatgruppe des Internet-Dienstes Telegram aus. Sie nannten sich nach Angaben der Ermittler „Vereinte Patrioten“, zuweilen aber auch „Deutschland Tag X“, oder sie gaben sich weitere Namen. Die Gruppierung, zu der etwa 70 Mitglieder zählen sollen, habe zunächst mit einer „Aktion Blackout“ Anschläge auf Stromleitungen und Umspannwerke ausführen und damit die Stromversorgung zusammenbrechen lassen wollen. Danach sollte bei der „Aktion Klabautermann“ Gesundheitsminister Lauterbach entführt werden. In einem dritten Schritt sei dann die Übernahme der Regierung angestrebt worden.
Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte auf Twitter seine Solidarität für Lauterbach. „Wir werden die Feinde unserer Demokratie mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpfen“, betonte der SPD-Politiker. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) sprach von Rechtsterrorismus. Der Ermittlungserfolg sei von Rheinland-Pfalz ausgegangen, der Verfassungsschutz des Bundeslands habe die entscheidenden Hinweise gegeben. (dpa, iQ)