SCHLESWIG-HOLSTEIN

„Geht wählen!“ – Muslime rufen zur Wahl auf

Am Sonntag wird in Schleswig-Holstein gewählt. Dabei wird es auch um die Zukunft des Staatsvertrags gehen. Muslimische Vertreter rufen zur Wahl auf.

07
05
2022
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Landtagswahlen Schleswig-Holstein
Landtag in Schleswig-Holstein © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Am 08. Mai finden in Schleswig-Holstein Landtagswahlen statt. Rund 2,5 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Bislang sind sechs Parteien im Landtag vertreten. Auf die drei Regierungsfraktionen entfallen 56 Mandate (CDU 25, Grüne 10, FDP 9). Die SPD hat 21 Sitze und die AfD 5. Weitere 3 Abgeordnete gehören dem Südschleswigsche Wählerverband. Eine Woche vor der Landtagswahl im Norden liegt die CDU (38 Prozent) in mehreren Umfragen deutlich vor der SPD und den Grünen (beide 18 Prozent).

Derzeit leben in Schleswig-Holstein knapp 150.000 Muslime. Auch wenn Themen wie die steigende Inflation aufgrund des Ukraine-Kriegs, die Coronakrise und die wirtschaftlichen Folgen den Wahlkampf dominieren, beschäftigen Themen rund um den Islam und die Muslime die aktuelle Legislaturperiode. Doch was steht in den Wahlprogrammen zu Themen wie islamischer Religionsunterricht, islamische Seelsorge, Islamfeindlichkeit und der Staatsvertrag mit Muslimen.

CDU ist offen für Dialog mit Muslimen

Neben dem Antisemitismus sei auch die Islamfeindlichkeit ein Problem, dass die CDU bekämpfen will. „Diese Phänomene sind nicht beschränkt auf einzelne Bevölkerungsgruppen, sondern finden sich in der ganzen Breite der Gesellschaft wieder“, heißt es im Wahlprogramm. Die CDU um den Spitzenkandidaten Daniel Günther bekennt sich zum konfessionellen Religionsunterricht, der durch das Grundgesetz geschützt sei. Gleichwohl sei es wichtig, dass Schüler die Möglichkeit bekommen, ihre eigene Religion kennenzulernen. Damit diese Auseinandersetzung zeitgemäß erfolgen kann, möchte die CDU mit den Religionsgemeinschaften einen Austausch über die Fachanforderungen verstetigen. Gemeinsam mit den muslimischen Vertretern wolle man daran arbeiten, „auch einen islamischen Religionsunterricht in Schleswig-Holstein zu etablieren“. Außerdem zeigt sich die CDU bereit, den Dialog mit den Muslimen über eine Vereinbarung fortsetzen und zum Abschluss zu bringen. Hierzu gehöre auch eine enge Zusammenarbeit, Studiengänge für die islamische Theologie zu entwickeln, um eigene Imame auszubilden.

Grüne: Antimuslimischen Rassismus bekämpfen

Für die Grünen gehört das muslimische Leben zu Schleswig-Holstein. Ein Ziel für die nächste Wahlperiode sei es, eine staatliche Vereinbarung zu erreichen, so wie sie bereits mit den jüdischen Verbänden und alevitischen Gemeinden existieren. Den Grünen nach werden Muslime oft zur Zielscheibe von Hass und Übergriffen. Antimuslimischer Rassismus gehöre zu den spezifischen Formen von Rassismus, „die unterschiedlich wirken und unterschiedlich bekämpft werden müssen“. Hierzu möchten sie Maßnahmen entwickeln.

SPD und FDP

Im Wahlprogramm der SPD finden Themen rund um Islam und Muslime oder Migranten kaum Beachtung. Nur beim Thema Kopftuch im öffentlichen Dienst wird die SPD konkret. „Die Neutralität des Staates sollte sich für uns darin zeigen, dem pädagogischen Personal die Entscheidung über das Tragen von religiösen Symbolen, wie dem Kopftuch, selbst überlassen“.

Die FDP hingegen wird konkreter. Sie verpflichtet sich, die „freie Religionsausübung im Rahmen der Gesetze zu achten“ und steht offen der Anerkennung des Islams gegenüber. Hierfür fordern sie die Orga­nisation des Islam, die weithin „legitimiert ist und ohne Zweifel auf dem Boden des Grundgesetzes sowie der Landesverfassung steht“, heißt es im FDP-Wahlprogramm. Um etwaige verfassungsfeindliche Einflussnahmen zu reduzieren, will man eine Imamausbildung in Deutschland fördern. Auch möchte die FDP den Religionsunterricht durch einen Ethik- und Religionskundeunterricht ersetzen. Ziel sei es, einen neutralen und offenen Einblick in verschiedene Weltanschauungs- und Religionsmodelle zu eröffnen.

Muslime wollen Staatsvertrag unterzeichnen

Sacit Dizman, stellvertretender Vorsitzender des Bündnisses der islamischen Gemeinden in Norddeutschland (BIG e.V), erklärt auf Anfrage von IslamiQ, dass der Dialog zwischen Land und Muslime aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden müsse. „Wir wünschen uns, dass alle Parteien die islamischen Religionsgemeinschaften als ernsthaften Gesprächspartner und Lösungspartner wahrnehmen“. Das Thema rund um den Staatsvertrag habe sich laut Dizman viel zu lange hinausgezögert. „Der Staatsvertrag ist viel mehr als nur ein Vertrag, er ist eine Anerkennung.“

In puncto Staatsvertrags sieht auch der Vorsitzende der Schura Schleswig-Holstein, Fatih Mutlu, Fortschritte. „Die intensiven Gespräche mit dem Ministerpräsidenten haben dazu beigetragen, dass die Interessen der Muslime in der CDU Gehör finden“, so Mutlu gegenüber IslamiQ. Sofort nach den Wahlen möchte man die Gespräche mit allen Parteien aufnehmen und für einen Staatsvertrag mit Muslimen werben. Mutlu zeigt sich zuversichtlich und hofft, dass sich die Parteien an ihr Wort halten.

„Geht wählen!“

Dizman ruft alle Muslime dazu auf, wählen zu gehen. „Denn wenn man nicht Wählen geht, dann braucht man sich auch nicht ärgern, wenn man sich nicht ausreichend vertreten fühlt“, erklärt er. Auch Mutlu ermutigt Muslime an der Wahl teilzunehmen. „Wir merken immer mehr, wie wichtig es ist, wählen zu gehen“. Nur so könne man mitgestalten und mitentscheiden, wie die nächste Landesregierung sich zusammenstellt.