Am Sonntag wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. Dabei wird es auch um die Zukunft der Muslime gehen. Muslimische Vertreter rufen zur Wahl auf.
Am 15. Mai finden in Nordrhein-Westfalen die Landtagswahlen statt. Rund 13 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Derzeit sind fünf Fraktionen im Landtag vertreten. Die CDU gewann die Wahl 2017 mit 33 Prozent vor der SPD (31,2 Prozent). Den dritten erreichte die FDP mit 12,6 Prozent – gefolgt von der AfD, die mit 7,4 Prozent erstmals in den Landtag einzog. Die Grünen stürzten 2017 auf 6,4 Prozent ab. Mit einer Mehrheit von einer Stimme wurde die rot-grüne Koalition von der CDU und FDP abgelöst.
Derzeit leben in Nordrhein-Westfalen knapp eine Million Muslime. Auch wenn Themen wie die steigende Inflation aufgrund des Ukraine-Kriegs, die Coronakrise und die wirtschaftlichen Folgen den Wahlkampf dominieren, beschäftigten die Organisation des islamischen Religionsunterrichtes und das Kopftuchverbot in der Justiz die aktuelle Legislaturperiode.
Der nordrhein-westfälische Landtag hatte im März ein Gesetz beschlossen, das Richtern, Staatsanwälten sowie anderen Justizbeschäftigten religiöse Kleidung verbietet. Dem Entwurf der Landesregierung stimmten die Regierungsfraktionen von CDU und FDP zu. Auch die AfD votierte dafür, während sich die SPD enthielt und die Grünen dagegen stimmten. Das Gesetz zielte darauf ab, die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Neutralität der Justiz zu sichern. Mit dem aktuellen Gesetz befürchten Muslime um ihre berufliche Zukunft. Das Kopftuchverbot sei frustrierend. „Das Gesetz ist mehr als diskriminierend und hat mit Neutralität nichts zu tun“, erklärten Muslime gegenüber IslamiQ. Die Mehrheit der Parteien befürworten das Neutralitätsgebot, allerdings sei es problematisch, weil es „in besonderem Maße kopftuchtragende Frauen diskriminiert und von der Ausübung vieler Berufe in der Justiz ausschließt“, erklärten die Grüne im IslamiQ-Wahlprüfstein.
Seit 2012 wird der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht an Schulen in NRW angeboten. Dieser wurde zunächst von einem Beirat begleitet, welcher letztes Jahr durch eine Kommission ersetzt wurde. Diese neue Übergangslösung wurde vom Koordinationsrat der Muslime (KRM) stark kritisiert. Das Kommissionsmodell sei „verfassungswidrig“. Denn danach bestimme das Land entscheidend über die Zusammensetzung der Kommission und erhalte damit indirekt Zugriff auf die Inhalte des Religionsunterrichtes. In Nordrhein-Westfalen besuchen im aktuellen Schuljahr mehr als 20.000 Schülerinnen und Schüler den islamischen Religionsunterricht, welches an mehr als 260 Schule angeboten werden. Aufgrund des rechtlichen Status der Religionsgemeinschaft bleibt die Zukunft des islamischen Religionsunterrichtes weiterhin offen.
Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), ruft Muslime in NRW zur Wahl auf. „Es geht bei den anstehenden NRW-Wahlen um mehr als um die Frage, welche Parteien die künftige Landesregierung bilden werden. Es geht auch darum, zu entscheiden, wer nicht mehr weiter im Parlament sitzen darf“, erklärt Altaş in einer Pressemitteilung. Für Angehörige von kulturellen und religiösen Minderheiten sei dieser Punkt elementar wichtig. Denn mit der AfD sitze dort schon viel zu lange eine extremistische Partei, die spaltet und hetzt. „Sie schürt Islamfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und viele weitere Ausprägungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“, so Altaş. Dass es möglich sei, sie aus dem Parlament zu halten, habe kürzlich Schleswig-Holstein gezeigt. Das könne auch in NRW gelingen, aber nur, „wenn alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger zur Wahlurne gehen und ihre Stimme abgeben für eine der demokratischen Parteien“. Deshalb rufe die Islamische Gemeinschaft eindringlich dazu auf, an der Wahl teilzunehmen.
Auch Muhammed Işık, Vorsitender der Islamischen Religionsgemeinschaft Nordrhein-Westfalen, appelliert an die Muslime ihr Wahlrecht zu nutzen, damit „rechtsextreme Parteien, wie die AfD, es nicht in den Landtag schaffen“. Doch sieht er die etablierten Parteien in der Pflicht. “Falls es die AfD in den Landtag schaffe, dürfen die Parteien keine Kooperation mit der AfD eingehen, da „diese die Gesellschaft spaltet und gegen Muslime und Migranten hetzt“, erklärt er gegenüber IslamiQ.