Xinjiang

Berichte: Neues Datenleck enthüllt Ausmaß der Uiguren-Verfolgung

Hunderttausende sollen in Chinas Nordwesten in Umerziehungslager gesteckt worden sein. Ein Datenleck zeigt laut Medienberichten, wie sie misshandelt werden und warum sie in Haft gesteckt werden.

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05
2022
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Uiguren China BBC
Uigurische Mutter mit ihrem Kind in China © Facebook, bearbeitet by iQ.

Neue Enthüllungen aus einem Datenleck demonstrieren nach Medienberichten das Ausmaß der Verfolgung und Masseninternierung in der nordwestchinesischen Region Xinjiang. Über die „Xinjiang Police Files“ berichtete am Dienstag ein internationaler Medienverbund, an dem unter anderen das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, der Bayerische Rundfunk, die britische BBC, USA Today und die Zeitung „Le Monde“ beteiligt sind. Chinas Regierung wies die Vorwürfe als „verleumderisch“ zurück.

Die Veröffentlichung fällt zusammen mit dem kontroversen, laufenden China-Besuch der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet, die auch nach Xinjiang reisen will. Die Unterlagen, tausende Fotos und offizielle Reden bieten nach diesen Berichten einen seltenen Einblick in die Umerziehungslager und Behandlung von Uiguren und anderen Mitgliedern von Minderheiten in Xinjiang. Der frühere Parteichef Chen Quanguo habe demnach 2018 in einer Rede einen Schießbefehl bei der Flucht von Häftlingen erlassen: „Erst töten, dann melden.“

Folter in Umerziehungslager

Die Enthüllungen widersprechen offiziellen chinesischen Beteuerungen, dass es sich bei den Lagern um „Fortbildungseinrichtungen“ handele, die freiwillig besucht würden. Das Datenmaterial war dem Forscher Adrian Zenz zugespielt worden, der an der Washington „Victims of Communism Memorial Foundation“ arbeitet und schon früher mit anderen Veröffentlichungen die Lage in Xinjiang aufgedeckt hatte.

Ein Foto zeige einen Häftling in einem sogenannten „Tigerstuhl“, der seine Arme fixiere und auch zur Folter benutzt werde, berichtete der „Spiegel“. Ein anderes sei von einem Insassen mit freiem Oberkörper, dessen Brust und Rücken „sichtbare Spuren von Gewalteinwirkung“ zeigten. Einem Häftling mit gefesselten Händen und Beinen war auf einem Bild eine schwarze Kapuze über den Kopf gezogen worden.

Die Bilder von 2018 stammten aus einem Umerziehungslager in Tekes westlich von Ürümqi und seien Teil der mehr als zehn Gigabyte umfassenden Dateien, berichtete der „Spiegel“. Weitere Fotos würden fast 2900 Inhaftierte zeigen: Die Jüngste damals 15 Jahre alt, die Älteste 73 Jahre. Ein 18-Jähriger sei wegen eines zweiwöchigen Trainings in einem Fitnesscenter inhaftiert und „wegen Vorbereitung einer terroristischen Handlung“ zu zwölf Jahren verurteilt worden.

Hunderttausende Uigren in Umerziehungslager

Chinas Regierung sieht „anti-chinesische Kräfte“ hinter der Veröffentlichung. „Gerüchte und Lügen zu verbreiten, kann die Welt nicht täuschen und die Tatsache nicht verdecken, dass Xinjiang eine friedliche, wohlhabende Gesellschaft und eine blühende Wirtschaft hat, und die Menschen in Frieden und Glück leben und arbeiten“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin vor der Presse in Peking.

In Xinjiang sind nach Angaben von Menschenrechtlern Hunderttausende in Umerziehungslager gesteckt worden. Chinas Führung wirft Uiguren in der Region Separatismus, Extremismus und Terrorismus vor, während sich die muslimische Minderheit politisch, religiös und kulturell unterdrückt fühlt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 hatten die Kommunisten das ehemalige Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt.

Baerbock fordert Aufklärung

Die Veröffentlichung löste auch in Deutschland scharfe Kritik aus. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat von China die Aufklärung mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren gefordert. Bei einer Videokonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi betonte Baerbock nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Dienstag, dass Menschenrechte ein elementarer Bestandteil der internationalen Ordnung seien. Dabei habe sie auch „die schockierenden Berichte und neuen Dokumentationen über schwerste Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang“ angesprochen und eine transparente Aufklärung der Vorwürfe gefordert.