„Ganz oben, Ganz unten“

Christian Wulffs persönliche Sicht auf die Treibjagd der Medien

Das neue Buch „Ganz oben, Ganz unten“ von Altbundespräsident Christian Wulff arbeitet den Skandal auf, der zum Rücktritt führte. Scharfe Kritik und Vorwürfe übte Wulff vor allem in Richtung der Medien.

11
06
2014
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„Der Islam gehört zu Deutschland.“ Dieser einfache Satz hat den Bundespräsidenten Christian Wulff und seine 598 Tage im Amt geprägt. Und es war, geht man nach seinem gestern in Berlin vorgestellten Buch „Ganz oben, Ganz unten“, mit eines der Gründe, warum Wulff heute nicht mehr Bundespräsident ist.

Um das neue Buch des Altbundespräsidenten wurde vom Verlag ein großes Geheimnis gemacht. Kein Vorab- oder Rezensionsexemplar wurde der Presse zur Verfügung gestellt und keine Informationen zu Inhalten drangen durch, außer: Es wird eine persönliche Sicht des früheren Bundespräsidenten auf den Skandal, die Justiz und die Medien sein, die ihn letztendlich zum Rücktritt vom höchsten repräsentativen Amt der Bundesrepublik zwangen.

Kein anprangern

Bei der Vorstellung des Buches machte Wulff deutlich, dass er nicht anprangern will und schon gar nicht pauschal. Doch die Verbitterung war ihm dennoch anzumerken. Boulevardblätter, die fast täglich und jede Woche die Affäre und das Privatleben der Wulffs durchleuchtet haben, hätten den Freispruch mit keiner Zeile erwähnt, sagte er.

Und er zitierte die Schlagzeile der Bild-Zeitung: „Seit dem 27. Februar gilt Wulff als unschuldig“. Der Ex-Bundespräsident kritisierte, man werde von der Bild-Zeitung angeklagt, verurteilt und müsse einen Freispruch vor Gericht durchsetzen, um als unschuldig zu gelten. Verkehrte Welt, erklärte Wulff, und erinnerte daran, dass die Unschuldsvermutung ein Menschenrecht sei und auch ihm zustehe.

Christian Wulff
Ganz oben Ganz unten
264 Seiten mit 15 farbigen Abbildungen
Gebunden € 19,95 / eBook € 15,99
ISBN: 978-3406672002

Machtbalance stark gelitten

Detailliert beschreibt Wulff seinen Absturz vom höchsten Amt in der Bundesrepublik und seinen Kampf für eine wieder reine Weste. Am Ende blieben von den Vorwürfen der Medien und der Staatsanwaltschaft nur noch der eine Vorwurf der Vorteilsannahme übrig. Auch dieser wurde gerichtlich beseitigt.

Die Medien hätten sich von der Bild-Zeitung und dem Chefredakteur Kai Diekmann instrumentalisieren lassen. Dies sei auch einem Ungleichgewicht der Staatsgewalten geschuldet. Medien hätten die Justiz zu einer Treibjagd gegen den Politiker angestiftet. So hätte die Balance stark gelitten.

Neuanfang

Doch Wulff will wieder neu anfangen. Kein Berufspolitiker mehr sein und sich mehr um die Dinge kümmern, die für ihn wichtig sind. Und selbstbewusst sagt Wulff auf die Frage eines Journalisten: „Ich wäre auch heute noch der Richtige im Amt.“

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob Medien und Justiz im Fall Wulff versagt haben. Mit „Ganz oben, Ganz unten“ möchte Wulff diese Debatte anstoßen, Journalisten dazu bringen, ihre Arbeitsweise und -methoden zu hinterfragen. Ob ihm das gelingt, wird sich zeigen.