Sonnenblumenhaus

Vor 30 Jahren wurde Rostock zum Symbol für Rassismus

An den rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen haben 1992 nicht nur Rechtsradikale teilgenommen. Unternommen haben weder Politiker noch Polizei etwas

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08
2022
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Vor 30 Jahren wurde Rostock zum Symbol für Rassismus (c)Facebook, bearbeitet by iQ
Vor 30 Jahren wurde Rostock zum Symbol für Rassismus (c)Facebook, bearbeitet by iQ

Der Name verheißt Glück: Sonnenblumenhaus. Das klingt nach Sommer und Licht und Heiterkeit. In Wirklichkeit aber steht der braun-gelbe Elfstöcker im Rostocker Norden dafür, dass Menschen andere ohne Grund so hassen können, dass sie ihnen den Tod nicht bloß wünschen – sondern ihn gleich selbst ins Werk setzen. Am 22. August 1992 begannen rechtsradikale Ausschreitungen gegen Geflüchtete. Bis zu 2.000 Menschen versammelten sich, zertrümmerten Betonplatten und warfen Geschosse auf das Gebäude. Rechte skandierten „Deutschland den Deutschen!“.

Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen hatten sich vom 22. bis 26. August 1992 immer wieder Rechtsextremisten und Schaulustige am Sonnenblumenhaus versammelt, in dem die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber sowie vietnamesische Vertragsarbeiter untergebracht waren. Steine und Brandsätze wurden geworfen, rassistische Parolen gebrüllt, die Feuerwehr behindert. Der Polizei gelang es nicht, die Ausschreitungen zu stoppen.

Rostock zum Symbol für Rassismus

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat anlässlich des 30. Jahrestages der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen die Gefahren des Rechtsextremismus betont. „Der Rechtsextremismus ist auch derzeit die größte extremistische Bedrohung unserer Demokratie. Die Gefahr von rechts darf niemand unterschätzen“, teilte die SPD-Politikerin am Montag mit. „Wir bekämpfen Rechtsextremismus mit aller Entschlossenheit.“

Die Angriffe in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren gehörten nach Faesers Ansicht zu den schlimmsten rassistischen Ausschreitungen der deutschen Nachkriegsgeschichte. „Es ist bis heute erschütternd, dass kaum einer gegen den Mob einschritt“, teilte sie mit. Viele Schaulustige hätten sogar applaudiert und die Angreifer weiter angestachelt. „Der in Rostock-Lichtenhagen aufgeflammte rechtsextremistische Menschenhass wurde zum Fanal, ebenso wie das zögerliche und halbherzige Verhalten der Sicherheitskräfte und die zu geringe Empathie in Politik und Gesellschaft.“

Daten für 2021: Diskriminierung bleibt in Deutschland weit verbreitet

Diskriminierung ist nach jüngsten offiziellen Daten in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. So wurden der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im vergangenen Jahr insgesamt 5617 Fälle gemeldet, die mit einem im Antidiskriminierungsgesetz genannten Diskriminierungsgrund zusammenhingen. Die meisten davon – 37 Prozent – gingen auf rassistische Diskriminierung zurück. Das geht aus dem Jahresbericht der Stelle für das Jahr 2021 hervor, den die neue Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman am Dienstag in Berlin vorstellte. (dpa/iQ)