Der Rechtsextremismus ist nach Einschätzung des Landesverfassungsschutzes die größte Gefahr für die Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Rechtsextremismus ist nach Einschätzung des Landesverfassungsschutzes die größte Gefahr für die Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern. Die Zahl der Rechtsextremisten sei 2021 im Vergleich zum Vorjahr leicht um 30 Personen auf 1790 gestiegen, sagte Innenminister Christian Pegel (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes in Schwerin. „Davon schätzen unsere Verfassungsschützer 680 als gewaltbereit ein.“
Die Zahl der Mitglieder in rechtsextremen Parteien blieb den Angaben zufolge konstant. Während die NPD als größte im Vergleich zum Vorjahr 10 ihrer 170 Mitglieder verloren habe, verzeichne Der III. Weg mit 309 Mitgliedern 10 mehr als im Jahr davor. Neu sei die Neue-Stärke-Partei, die 2021 in Thüringen gegründet worden sei und seit Mai 2022 eine „Abteilung M-V“ unterhalte. Dazu zählten Personen im unteren zweistelligen Bereich.
Im Zuge der Ermittlungen rund um das rechtsextremistische Prepper-Netzwerk „Nordkreuz“ wurden Pegel zufolge in der Landespolizei 18 Fälle möglicher Verletzungen der politischen Treuepflicht ermittelt, wie Pegel berichtete. Drei Polizisten seien aus dem Beamtenverhältnis entfernt und einer abgemahnt worden. Außerdem seien infolge der „Nordkreuz“-Ermittlungen 16 Menschen in MV die Waffenscheine entzogen worden.
Sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter stehen ebenfalls im Fokus des Verfassungsschutzes. Ihre Zahl sei im vergangenen Jahr um 50 auf 650 gestiegen, berichtete Pegel. Nur ein Teil von ihnen werde dem Rechtsextremismus zugerechnet. „Ihnen gemein ist, dass sie unsere Demokratie und unsere demokratischen Grundwerte nicht anerkennen.“
Pegel erwartet im Herbst vermehrt Demonstrationen zu den Themen Energie, Inflation und einer möglicherweise bevorstehenden Wirtschaftskrise. Eine kritische Auseinandersetzung mit politischen Themen im Rahmen von Demonstrationen sei demokratisch absolut legitim und als demokratische Teilhabe auch ausdrücklich erwünscht, sagte er. „Wir sehen aber, dass Extremisten sich sehr bewusst darauf vorbereiten.“ Sie suchten über solche Demonstrationen Anschluss an die große Breite der Gesellschaft. Ihr Ziel sei eine drastische Veränderung der Gesellschaft und die Abschaffung der Demokratie, warnte der Minister. Er appellierte, bei Demonstrationen genau hinzuschauen, wer da noch mitmarschiert, und sich deutlich von Extremisten zu distanzieren.
Die SPD-Landtagsfraktion wies auf ein wachsendes Gefährdungspotenzial durch die Verlagerung von Extremismus ins Internet hin. „Der Hass im Netz hat zugenommen im Vergleich zu den Vorjahren. Hier hat sich sowohl die Verbreitung antisemitischer sowie verschwörungsideologischer Narrative während der Corona-Pandemie verstärkt, als auch die rechtsextremistische Szene weiter vernetzt und radikalisiert“, stellte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Martina Tegtmeier, fest. Weiter sagte sie, dass auch gegen linksextremistische Gewalt konsequent und frühzeitig eingeschritten werden müsse.
Der Regierungspartner Die Linke zeigte sich verwundert, dass mehr als die Hälfte der Personen, die dem Linksextremismus zugerechnet werden, als gewaltbereit gelten, jedoch nur 38 Prozent der Rechtsextremisten. „Sowohl die bundesweit mehr als 200 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 als auch die jährlichen Statistiken zur politisch motivierten Kriminalität sprechen eine andere Sprache“, sagte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Noetzel.
Die AfD als größte Oppositionsfraktion warf Innenminister Pegel vor, Corona-Proteste und Demonstrationen gegen die Energiepolitik in einem Atemzug mit Rechtsextremismus zu nennen. „Zwar stellte Pegel selbst das grundgesetzlich verankerte Recht auf Meinungsäußerung heraus, trägt aber mit der gleichzeitigen Nennung der Proteste mit Extremismus selbst dazu bei, Demonstranten unter Generalverdacht zu stellen“, meinte der Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer.
Der FDP-Innenpolitiker David Wulff konstatierte einen erheblichen Nachholbedarf bei der Cybersicherheit im Nordosten. „Die Gefahr für unseren Staat, seine Institutionen und unsere Wirtschaft steigt immer weiter an“, sagte er. „Aber ich habe nicht das Gefühl, dass Rot-Rot diese Entwicklung wirklich ernst nimmt.“ MV brauche ein eigenes IT-Sicherheitsgesetz, forderte Wulff. (dpa/iQ)