Die AfD hat in einer Debatte über die „Reichsbürger“-Szene für einen Angriff auf SPD-Innenminister Pistorius einen Ordnungsruf kassiert.
Die AfD hat in einer Debatte über die „Reichsbürger“-Szene für einen Angriff auf Innenminister Boris Pistorius (SPD) den ersten Ordnungsruf im neuen niedersächsischen Landtag kassiert. Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD) verwarnte am Mittwoch den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Klaus Wichmann, nachdem dieser mit Blick auf Vorwürfe, es gebe Verbindungen der AfD zu den „Reichsbürgern“, gesagt hatte: „Herr Pistorius, ich lege Ihnen dringend einen Arztbesuch ans Herz. Das ist krankhaft, was Sie da machen.“
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach von einer „bodenlosen Entgleisung“ und dankte der Landtagspräsidentin für den Ordnungsruf. „Die Mitglieder der Landesregierung sind kein Freiwild“, betonte der Regierungschef. Er bat den Ältestenrat darum, sich zum Schutz der Würde des Landtags mit dem Vorfall zu befassen.
Pistorius selbst ging in seiner Rede nicht auf die AfD-Äußerung ein. Bezogen auf die „Reichsbürger“ sagte der Innenminister, es dürfe zu keiner Verharmlosung kommen. „Das hier ist eine ernstzunehmende Bewegung, mit der wir es zu tun haben, unabhängig davon, ob der Umsturz tatsächlich unmittelbar bevorstand. Hier gab es kriminelle Energie, hier gab es Pläne, den Bundestag zu stürmen, hier gab es die Absicht, Abgeordnete zu verhaften und wer das nicht ernst nimmt, steht auf der Seite dieser Verschwörer“, sagte Pistorius.
Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat davor gewarnt, die sogenannte Reichsbürger-Szene zu unterschätzen. „Man muss aufpassen, wo sich bestimmte Muster, Erklärungen, Narrative, Verteidigungslinien in die Gesellschaft einschleichen“, sagte Klingbeil am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. „Man muss von Anfang an ein Stoppschild setzen und sagen: bis hierhin und nicht weiter!“ Für Menschen, die unsicher seien, wie sie sich gesellschaftspolitisch aufstellen, könnten solche Leute eine «ernsthafte Bedrohung» sein.
Die Bundesanwaltschaft hatte bei einer Razzia im „Reichsbürger“-Milieu vergangene Woche 25 Menschen festnehmen lassen, darunter eine Ex-Bundestagsabgeordnete der AfD. 22 der Festgenommenen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System in Deutschland stürzen wollte. Die drei weiteren gelten als Unterstützer. Ein Ordnungsruf wird verhängt, wenn ein Mitglied des Landtags die Ordnung des Parlaments verletzt. Geschieht dies während einer Sitzung dreimal, kann das Mitglied von der Sitzung ausgeschlossen werden. Der neue Landtag kam Anfang November zum ersten Mal zusammen. (dpa)