Neutralitätsgesetz

Berlin lenkt ein – Lehrerinnen dürfen mit Kopftuch unterrichten

In Berlin war das Kopftuch jahrelang ein Dauerthema in der Schule und Justiz. Das Land lenkt nun ein und hebt das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen auf. Ein Verbot soll nur noch in Einzelfällen gelten.

28
03
2023
Kopftuch
Muslimische Lehrerin mit Kopftuch © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Im Februar dieses Jahres nahm das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde des Landes gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot „ohne Begründung nicht zur Entscheidung an“. Entsprechend musste nun das Berliner Neutralitätsgesetz geändert werden. Denn künftig dürfe muslimischen Lehrerinnen in Berlin das Tragen von Kopftüchern nicht pauschal verboten werden.

Mehrere Wochen nach der Urteilsverkündung handelt die Berliner Senatsbildungsverwaltung und erklärt, dass sie das Tragen eines Kopftuches nur noch in Einzelfällen verbieten will. In einem entsprechendem Schreiben an alle Schulleiterinnen und Schulleiter allgemeinbildender Schulen, das der IslamiQ-Redaktion vorliegt, heißt es jetzt, dass die Senatsverwaltung von ihrer bisherigen „wortgetreuen Anwendung des Neutralitätsgesetzes abrücken“ werde. 

Nur in den Fällen, in denen sich konkret die Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität abzeichne, sei das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke und Symbole zu untersagen.

Kein Konflikt an Schulen durch das Kopftuch

Die Erfahrungen anderer Bundesländer habe gezeigt, dass auch das Tragen religiöser Kleidung nicht zu erheblichen Konflikten an Schulen geführt habe. Es gehöre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Aufgabe der Schulen, „den Schülerinnen und Schülern Toleranz auch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu vermitteln, da Schule offen zu sein, hat für christliche, für muslimische und andere religiöse und weltanschauliche Inhalte und Werte“, so in dem Schreiben. Dieses Ideal müsse im Interesse einer ausgleichenden, effektiven Grundrechtsverwirklichung in der Gemeinschaftsschule auch gelebt werden dürfe.

Das Bundesverfassungsgericht habe demnach klargestellt, dass mit dem Tragen eines Kopftuches durch einzelne Pädagoginnen keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden sei, sodass auch die staatliche Neutralitätspflicht nicht beeinträchtigt werde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege die Schwelle für die Annahme einer konkreten Störung oder Gefährdung des Schulfriedens hoch. „Solange die Lehrkräfte, die nur ein äußeres Erscheinungsbild an den Tag legen, nicht verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler über ihr Auftreten hinausgehend zu beeinflussen versuchen, wird deren negative Glaubensfreiheit grundsätzlich nicht beeinträchtigt“, so das Bundesverfassungsgericht.

Position der neuen Regierung unbekannt

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags im November 2021 kündigte neue Regierung an, eine Änderung des Neutralitätsgesetzes an, falls das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung von 2015 bleibe. Unklar ist, wie die neue Regierung sich gegen das Neutralitätsgesetz positioniert. Die Koalitionsverhandlungen dauern noch an.

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Ein erfreuliches Urteil, es bleibt abzuwarten, ob es sich in der Realität so widerspiegelt. Bei rassistischen Identitätskontrollen hat sich in der Realität kaum etwas getan, sie finden jeden Tag überall noch Anwendung, trotz Gerichtsentscheid.
30.03.23
13:15