Ein verheerendes Feuer mit einem toten Kind und schwer verletzten Menschen im Herbst 1990 im Allgäu. War es ein rassistisch motivierter Anschlag? Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln seit 2020 wieder. Doch nun schließen sie die Akten.
Es bleibt ungewiss, wer Verantwortung trägt für einen großen Brand in Kempten im Allgäu im Herbst 1990. Die neuerlichen Ermittlungen, 2020 wieder aufgenommen, sind ohne Ergebnis abgeschlossen worden. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft München am Donnerstag mit. Bei dem Brand erlitt ein fünf Jahre alter Bub eine so schwere Rauchvergiftung, dass er starb. Fünf Menschen wurden teils schwer verletzt.
Die Ermittlungen hatte die bayerische Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus (ZET) übernommen, da ein rassistisch motivierter Anschlag im Raum stand. In dem Gebäude hatten zum Tatzeitpunkt im November 1990 nur türkische Staatsangehörige gelebt. Rund zwei Wochen nach der Tat war den Angaben zufolge bei einer Zeitung ein Bekennerbrief eingegangen, unterzeichnet mit „Anti-Kanaken-Front Kempten“.
1992 hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen schon einmal eingestellt, weil kein Täter überführt werden konnte. Nach Presseanfragen zu einem möglichen rechtsextremistischen Hintergrund wurde der Fall 2020 komplett neu aufgerollt und eine Soko mit 17 Ermittlerinnen und Ermittlern installiert.
300 Zeugen seien vernommen worden, darunter die noch lebenden Hausbewohner, Feuerwehr- und Rettungskräfte sowie ehemalige Nachbarn. „Es wurde allen denkbaren Ermittlungsansätzen nachgegangen, insbesondere auch solchen, die auf einen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat hindeuteten“, heißt es in der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft.
Das Bekennerschreiben sei bundesweit überprüft worden, es seien jedoch keine Hinweise auf den Verfasser des Schreibens gefunden worden. Ebenso gebe es keinen Beleg für die tatsächliche Existenz der Gruppierung.
Die Ermittlungen hätten zudem gezeigt, dass auch eine fahrlässige Brandstiftung als Brandursache in Betracht kommt. Sie wäre inzwischen verjährt. In dem Haus hätten sich vor jeder Wohnung Behälter mit Heizöl befunden. Im damaligen Brandgutachten sei zwar den Verdacht geäußert worden, dass im Treppenhaus vorsätzlich ein Brandbeschleuniger angebracht worden war. Gewissheit bestehe dazu jedoch nicht.
Der Brand brach im ersten Obergeschoss aus, griff auf die Holztreppe über und breitete sich ins zweite Obergeschoss aus. Zudem entwickelte sich starker Rauch. Zu dem Zeitpunkt befanden sich 26 Bewohnerinnen und Bewohnerinnen in dem Haus, wie die Generalstaatsanwaltschaft weiter erläuterte. Viele von ihnen hätten sich nur durch einen Sprung aus dem Fenster retten können. (dpa, iQ)